: Heinrich Greving (Hrsg.)
: Hilfeplanung und Controlling in der Heilpädagogik
: Lambertus Verlag
: 9783784113852
: 1
: CHF 19.10
:
: Pflege
: German
: 306
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
Die Entwicklung der heilpädagogischen Professionalität sowie die Diskussionen um den Qualitätsbegriff in der Heilpädagogik waren und sind häufig geprägt von unreflektierten Übernahmen betriebswirtschaftlicher Prinzipien und Inhalte. Die methodischen Ausprägungen der Hilfeplanung und des Controlling standen und stehen hierbei immer wieder im Mittelpunkt des (manchmal abwartenden, manchmal zu rasch übertragenden und pragmatischen) Interesses - ohne dass hierbei immer deutlich zu sein scheint, um was es sich bei diesen Ansätzen eigentlich handelt. Sie stellen in den aktuellen heilpädagogischen Themen und Konzeptionen mögliche Eckpunkte heilpädagogischen Handelns dar: das Controlling gegebenenfalls als sachlich-fachlich prüfender Überbau, die Hilfeplanung als die Verortung subjektbezogener pädagogischer Tätigkeiten mit und an den heilpädagogisch bedürftigen Menschen mit Behinderungen.

Der Autor
Dr. Heinrich Greving ist Professor für"Allgemeine und Spezielle Heilpädagogik" an der Katholischen Fachhochschule NW, Abteilung Münster.
Macht – Geld – Sinn Qualitätssteuerung durch Wert- und Wissensmanagement (S. 224-225)

Eckart Pankoke


„Macht" – „Geld" – „Sinn": dieses grundbegriffliche Spannungsfeld markiert nicht nur – wie in der Sprachwelt systemtheoretischer Soziologen – die zentralen Medien moderner Systembildung; auch auf der Ebene der Organisationen spannen sich die Perspektiven und Strategien organisationaler Entwicklung und ihre Steuerung zwischen den Bezugspolen ökonomischer Rationalität, professioneller Qualität und der Reflexivität des bewegenden Sinns.

Diese Spannungen von Macht, Geld, Sinn lassen sich genauer untersuchen im Blick auf empirische Felder der Qualitätssteuerung eines „sozialen Managements". In den Organisationen personenbezogener Sozialdienste bedeutet das Etikett des „Sozialen" nicht nur das „Was" der aufgegebenen sozialen Probleme, sondern auch das „Wie" der bei ihrer Bearbeitung wirksamen „sozialen Potentiale": also Ehre und Engagement, Elan und Emotion. Bei der Beobachtung und der Bearbeitung eines in diesem Sinne „sozialen" Managements verbinden sich unterschiedliche zueinander inkongruente Perspektiven der Organisationsforschung und ihrer praktischen Umsetzung:

• „Macht"-Fragen in Organisationen verweisen auf die bewusst akteurszentrierten „mikropolitischen" Analysen der Spannungsfelder innerund inter-organisatorischer Machtverhältnisse.

• „Geld"-Fragen kommen in den Blick im Zuge der immer schärfer quantitativ rechnenden Rationalitäts- und Qualitätskontrollen.

• „Sinn-Fragen" richten sich in Prozessen der Selbst-Evaluation auf die praktische Relevanz der Konstruktion und Kommunikation strategischer Perspektiven.

Diese Beachtung und Bewertung der sozialen Dimension sozialen Managements ist gerade in den sozial-aktiven Feldern der Heim- und Heilpädagogik gefordert, wo nicht nur die professionellen Mitarbeiter, sondern alle im gemeinsamen Lern- und Lebensfeld der helfenden und Beziehung und Erziehung aktiv beteiligten oder auch leidend betroffenen Akteure in interaktive Lernpartnerschaften einzubeziehen sind. In diesem Sinne zählen zur Dienstgemeinschaft nicht nur die Akteure sozialer Arbeit und Pädagogik oder ihre Manager, sondern auch alle anderen im Hilfe- und Erziehungsfeld Mitwirkenden, vor allem aber auch die Kinder selbst und ihre Eltern. Dies gilt nicht nur für die partizipativen Konstruktionen von Erziehungsplänen und Lernkontrakten, sondern auch für eine reflexive Qualitätssteuerung durch Prozesse der Revision, der Supervision und der Evaluation (vgl. Flosdorf 1988). Gewiss bleibt die interaktive Einbeziehung aller Mitarbeiter und betroffenen Zielgruppen in die Qualitätssteuerung durch Lernprozesse, Supervision und Evaluation nicht problemlos: „Wenn die Affen den Zoo regieren" umschrieb der Organisationsberater Stefan Kuehl die „Tücken flacher Hierarchien". Das ist hier gewiss nicht gemeint, eher geht es darum, dass die Qualität einer Organisation nur in einer dienstgemeinschaftlichen kommunikativen Kultur mit allen Beteiligten gemeinsam zu bewerten und dann auch qualitativ zu steigern ist.

Durch die Veränderung von sozialrechtlichen und subventionspolitischen Rahmenbedingungen kommen die Organisationen sozialer Dienste – gerade in ihren Relationen zu den Systemen sozialer Politik wie zu den Feldern sozialer Probleme – heute unter Rationalisierungsdruck. Möglicherweise werden dann auch bewährte dienstgemeinschaftliche und solidarpartnerschaftliche Muster der Rationalisierung geopfert.

Darauf antworten neue Konzepte und Strategien der Qualitätsentwicklung. Empirische Studien zur Implementation und Evaluation der Steuerung von Prozessen der Organisations- und Relationsentwicklung machen allerdings deutlich, wie es im mikropolitischen Feld der Umsetzung und der Übersetzung in soziale Praxis zu störenden Irritationen und Friktionen kommt, welche die Lernprozesse der Innovation in „inkongruenten Perspektiven" durchkreuzen und blockieren können. Zu beobachten sind aber auch „nichtintendierte Effekte", die gleichwohl im Sinne des organisationalen und relationalen Wandels institutioneller Netzwerke destruktiv – oder aber auch produktiv – wirken können, etwa die Umwertungen von professioneller Kompetenz oder auch konfessionellen Engagements.
Heinrich Greving, Professor für Allgemeine und Spezielle Heilpädagogik an der Katholischen Hochschule NRW in Münster. Autor vieler Fach- und Lehrbücher zur Heilpädagogik. Beschäftigt sich seit einigen Jahren mit Themen der christlichen Spritualität und Lebensdeutung.
Inhalt6
Vorwort9
Einleitung10
Grundlagen14
Grundlagen – Einleitung15
Zur Qualität (heil)pädagogischer Arbeit17
QUALITÄT – EIN FORMALER BEGRIFF17
VERSCHIEDENE HERKÜNFTE UND INHALTE VON QUALITÄT19
HEILPÄDAGOGISCHE QUALITÄT22
Bedürfnisse, Bedarf, Hilfebedarf und -planung: Aspekte der Differenzierung und fachlichen Begründung33
EINLEITUNG33
1. WAS MAN WILL UND WAS MAN BRAUCHT ... ODER: WARUM DIE KATEGORIE DES BEDÜRFNISSES ZUR BEGRÜNDUNG VON HILFEPLANUNG UNABDINGBAR, ABER WENIG ZWECKMÄSSIG IST35
2. ASPEKTE DER KONZEPTIONELLEN BEGRÜNDUNG UND VERANKERUNG VON HILFEPLANUNG47
Interaktionale Bedingungen der Hilfeplanung63
1. EINLEITUNG63
2. INTERAKTIONEN: INTERDISZIPLINÄRE PERSPEKTIVEN63
3. FOLGERUNGEN: REPRÄSENTATIONSBILDUNGEN ALS INTERAKTIONALE BEGRÜNDUNGEN UND BEDINGUNGEN DER HILFEPLANUNG75
Von der Versorgung zur Lebensführung Wandel der Hilfeplanung in (fremd-)gestalteten Wohnumgebungen78
1. DER LEBENSORT ALS LEBENSENTSCHEIDUNG80
2. VON DER VERSORGUNG ZUR INDIVIDUELLEN LEBENSFÜHRUNG93
3. AUSBLICK103
Hilfeplanung108
Hilfeplanung – Einleitung109
Der Gesamtplan nach § 46 BSHG – Warum Hilfeplanung und wie geht sie?112
EINFÜHRUNG112
WARUM HILFEPLANUNG?115
WAS IST EIN GESAMTPLAN?117
Vom § 3 zum § 39 und zum § 93 BSHG oder der schwierige Weg vom Hilfeanspruch zum Preis128
I. DIE GESELLSCHAFTLICHE FUNKTION DER BEHINDERTENHILFE128
II. DER HILFEBEDARF UND DAS MENSCHENBILD129
III. DER WEG VOM HILFEBEDARF ZUM PREIS131
IV. DER INDIVIDUELLE HILFEPLAN135
V. RECHTS- UND VERTRAGSVERHÄLTNISSE NACH DEN BSHG RAHMENVERTRÄGEN UND GESETZESGRUNDLAGEN136
Einflussmöglichkeiten von Nutzer/innen auf die Hilfeplanung138
DIE RECHTSPOSITION BEHINDERTER MENSCHEN141
INSTITUTIONELLE VORAUSSETZUNGEN FÜR EINEN ANGEMESSENEN UMGANG MIT HILFEBEDARFEN145
KRITISCHE BEMERKUNGEN ZUM ENTWICKLUNGSSTAND VON HILFEPLAN-INSTRUMENTEN147
ERFAHRUNGEN AUS DER AMBULANTEN HILFE – ANREGUNGEN UND ANFORDERUNGEN FÜR DEN PROZESS DER UMORIENTERUNG AUF DIE INTERESSEN DER NUTZER/INNEN151
Funktion und Möglichkeiten des Befragens von Nutzerinnen und Nutzern156
I. VORREDE156
II. BEFRAGUNGEN VON NUTZERINNEN UND NUTZERN158
III. SCHLUSSWORT170
Individuelle Hilfeplanung – Schlüssel zur Modernisierung der Behindertenhilfe172
1. EINFÜHRUNG172
2. DREI ENTWICKLUNGSSTRÄNGE ZUR MODERNISIERUNG DER BEHINDERTENHILFE172
3. EINORDNUNG UND BEWERTUNG DER VORLIEGENDEN PLANUNGSKONZEPTE177
4. ÜBERLEGUNGEN ZUR INDIVIDUELLEN HILFEPLANUNG FÜR MENSCHEN MIT BEHINDERUNGEN IM RAHMEN DES NETOH-KONZEPTS180
5. AUFGABEN DES SOZIALLEISTUNGSTRÄGER BEI DER INDIVIDUELLEN HILFEPLANUNG IM NETOH-KONZEPT188
6. DER ANSATZ DES PERSÖNLICHEN BUDGET IM RAHMEN DER INDIVIDUELLE HILFEPLANUNG189
7. DIE AUFGABEN DER ANBIETER SOZIALER DIENSTE IN DER INDIVIDUELLEN HILFEPLANUNG190
8. UNTERSTÜTZUNG VON NUTZER/INNEN BEI DER INANSPRUCHNAHME UND EVALUATI