2 Welche Voraussetzungen Unternehmen mitbringen sollten
Martin Gaedt hat in seinem Buch »4-Tage-Woche« 151 konkrete Beispiele aus der Praxis aufgeführt, die mit den im vorherigen Kapitel genannten Parametern unterschiedlichste Modelle umgesetzt haben. Wer sich einen Überblick über viele Praxisbeispiele verschaffen möchte, dem sei das Buch empfohlen. So viel kann ich aber schon verraten: Nur bei den wenigsten handelt es sich dabei um eine Version, bei der die Stundenzahl von 40 auf 32 Stunden bei vollem Lohnausgleich reduziert wird.
Ob und wie man eine 4-Tage-Woche einführen kann, ist von diversen Voraussetzungen abhängig, die im Folgenden beschrieben werden.
2.1 Voraussetzung 1: Bedarfstyp
Der betriebliche Bedarf ist ganz entscheidend dafür, ob und wie eine 4-Tage-Woche ausgestaltet werden kann. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen einem variablen und einem fixen Bedarf.
Bedarfstyp 1: Variabler Bedarf
Unter einemvariablen Bedarf versteht man, dass die Bearbeitung des Bedarfs nicht zu bestimmten Zeitpunkten erfolgen muss. Ob man eine variable Tätigkeit um 9 Uhr oder um 16 Uhr oder 20 Uhr durchführt, ist unerheblich, hauptsächlich sie wird innerhalb eines bestimmten Zeitraums erledigt.
Tätigkeitsarten: Zu den Tätigkeiten dieses Bedarfstyp gehören administrative und kreative Tätigkeiten aber auch die Abarbeitung von Geschäftsvorfällen wie beispielsweise Anträge in Versicherungen oder Anfragen, die per E-Mail oder Fax (in Deutschland bedauerlicherweise immer noch Realität) eingehen. Aber auch Schichtbetriebe im Ein- oder Zweischichtbetrieb sind nicht auf die Minute genau auf einen Zeitpunkt fixiert. Beispielsweise sind nahezu alle Handwerksbetriebe, Steuerkanzleien, IT-Unternehmen, Marketingagenturen u.v.a. nur einschichtig unterwegs. In all diesen Fällen ist es möglich, dass ein Arbeitstag länger als 8 Stunden pro Tag dauern kann. Somit ist eine Arbeitszeitverdichtung bei Wochenarbeitszeiten von mehr als 32 Stunden jederzeit möglich.
Fazit: Damit sind für Unternehmen bzw. Tätigkeitsarten mit dem Bedarfstyp 1 alle Ausprägungen der 4-Tage-Woche von Arbeitszeitverdichtung bis hin zu Arbeitszeitverkürzung mit und ohne Lohnausgleich möglich.
Bedarfstyp 2: Fixer Bedarf
Einfixer Bedarf, auch zeitpunktbezogener Bedarf genannt, muss zu einem bestimmten Zeitpunkt abgearbeitet werden. Beispiele dafür sind Telefonservice in einem Kundencenter oder Öffnungszeiten mit schwankenden Kundenfrequenzen im Handel. Wenn um 10 Uhr viele Kunden anrufen oder an der Kasse stehen, dann müssen zu dieser Uhrzeit auch entsprechend viele Beschäftigte arbeiten bzw. anwesend sein, um die Kunden zu bedienen. Wenn also um 10 Uhr viel zu tun ist und z. B. um 18 Uhr nicht mehr, dann bringt es sehr wenig, wenn die vorhandenen Mitarbeiter an einem Tag länger arbeiten, sondern man benötigt um 10 Uhr eine Person mehr. Zur Erläuterung hier ein paar Beispiele:
Beispiel 1: Öffnungszeit und flexibler Bedarf wie z. B. im Handel
Nehmen wir an, ein Geschäft hat zwischen 10 Uhr und 18:30 Uhr geöffnet und hat folgenden Bedarf an Mitarbeitern in den einzelnen Zeitintervallen:
Uhrzeit | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 | 16 | 17 | 18:30 |
Abb. 1: Besetzungsbedarf während der Öffnungszeiten
Um 10 Uhr werden 2 Personen benötigt, ab 11 Uhr 3 Personen, ab 13 Uhr 4 Personen usw.
Diesen Bedarf könnte man z. B. mit folgenden Schichten decken:
Personen | Uhrzeit | Stundenzahl | Pause |
2 | 10:00 bis 18:30 | 8 | zzgl. 30 Minuten |