: Christoph Reisner, Michael Dihlmann
: [Wahl]Arzt in Österreich Überlebensstrategien im Gesundheitssystem von morgen
: Springer-Verlag
: 9783211336595
: 1
: CHF 36.30
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: Allgemeines
: German
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Gesundheitswesen im Umbruch: Steigende Ansprüche der Patienten stehen restriktiver Ausgabebereitschaft der öffentlichen medizinischen Versorgung gegenüber. Kurzfristige budgetorientierte 'Gesundheitspolitik' macht vernünftige Reformen beinahe unmöglich. Der Mut zu notwendigen Veränderungen fehlt. Die 'Zweiklassenmedizin' hat sich bereits etabliert. Der niedergelassene Arzt von morgen braucht Strategien, um sich in diesem Umfeld zu behaupten.



Dr. Christoph Reisner, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, Vizepräsident der Ärztekammer für Niederösterreich, Präsident 'Wahlärzte Österreich', Obmann 'Wahlärzte und Mittelbau Niederösterreich'

Micha l Dihlmann, Ressortleiter 'Praxis und Wirtschaft' Ärztewoche Zeitungsverlag

Medizin zwischen Ethik und Monetik (S. 89-91)

Was ist Medizin wert?

Im benachbarten Deutschland gehen derzeit die Wogen hoch. Neben vielen anderen Missständen wird von denÄrzten vor allem die angeblich miserable Bezahlung angeführt. Im niedergelassenen Bereich gibt es schon Gebiete, für die sich kein Arzt finden lässt. Die angestellteÄrzteschaft ist zu Protesten auf der Straße, Einkommensanpassungen von 30 Prozent und mehr werden gefordert.

Wie aber ist die Einkommenssituation derÄrzte inÖsterreich? Das lässt sich, wieüblich, nicht generell sagen. Klinikärzte vom Oberarzt aufwärts kommen– abhängig vom Dienstgeber und von der Berufserfahrung, aber auch von der Anzahl der Dienste bzw. derÜberstunden und vom Volumen der Klassegelder– auf durchschnittliche Einkommensbereiche zwischen 2.000 und 5.000 Euro netto 14-mal pro Jahr. Auffällig sind dabei massive Unterschiede in Abhängigkeit vom Bundesland.

Demgegenüber attestiert die Ermittlung eines großenösterreichischen Wirtschaftsmagazins allenösterreichischen Führungskräften im Schnitt ein Nettoeinkommen von immerhin 14-mal 5.900 Euro pro Jahr. Dieser Wert gilt auch für Nicht-Akademiker. Im Vergleich sind daher– aus unserer Sicht– für einen Arzt für Allgemeinmedizin mit Kassenpraxis 5.000 Euro pro Monat als Untergrenze für eine gerechte Bezahlung anzusetzen. Für dieses angenommene Beispiel lässt sich eine Berechnung der . - nanziellen Notwendigkeiten vornehmen. Somit geht es um ein Nettoeinkommen von 70.000 Euro pro Jahr.

Unsere Begründung: Die Ausbildung ist mit angestelltenÄrzten vergleichbar, die Verantwortung für den Patienten ebenfalls. Beim Spitalsarzt fallen wirtschaftliche Verantwortung weg, die soziale Absicherung, etwa bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit, ist deutlich besser. Auch die Bezeichnung als Führungskraft ist durchaus angemessen. Nachdem das Steuersystem inÖsterreich progressiv gestaltet ist, muss man in dieser Einkommenskategorie zwar den Spitzensteuersatz von 50 Prozent leisten, durch die niedrigeren Progressionsstufen spart man sich aber auf dem Weg dorthin etwa 8.000 Euro.

Die„Milchmädchenformel" für die Steuerberechnung lautet daher: Gewinn geteilt durch zwei minus 8.000 Euro. Das ergibt rein rechnerisch den Zusammenhang, dass bei einem Einkommen von 70.000 Euro netto jährlich 54.000 Euro an Steuer zu zahlen sind (70.000 minus 16.000). Der notwendige Gewinn ergibt sich aus 70.000 Euro Nettoeinkommen plus 54.000 Euro Steuer (124.000 Euro). Um ein mit einem Spitalsarzt vergleichbares Einkommen zu erzielen, muss von einem Arzt mit Praxis also ein steuerlicher Gewinn von 124.000 Euro erwirtschaftet werden. Dieser Gewinn ist jedoch nur jenes Ergebnis, das„ganz zum Schlussübrig bleibt".

Vom Umsatz (Überweisungen der Gebietskrankenkasse, der„kleinen Kassen" und Privatpatienten) müssen vorher noch die Betriebskosten bedient werden: Zinsen und Abschreibungen der Investitionskosten,Ärztekammer, Wohlfahrtsfonds und Sozialversicherung und etwa 20 Prozent (des Umsatzes) an Personalkosten. Dazu kommen noch Kosten für EDV, Wartung und Telekomprovider für die e-Card. Summa summarum kann man bei einem Allgemeinmediziner von einer„gut geführten Ordination" sprechen, wenn vom Umsatz die Hälfte als Gewinnübrig bleibt. So wäre bei unserem Rechenbeispiel ein bereits stolzer Umsatz von 248.000 Euro notwendig. Ein durchschnittlicher Kassenarzt bleibt hier deutlich darunter.

Wer bei einem Scheinschnitt von 45 Euro und 1.000 Scheinen pro Quartal hält, erreicht bei Zurechnung von etwa zehn Prozent Umsatz pauschal aus den„kleinen Kassen" und Privatpatienten eine Umsatzgrößenordnung von etwa 200.000 Euro. Das geht sich dann für knapp 4.100 Euro Nettoeinkommen aus (siehe Tabelle 7). Bleibt noch die Berechnung der Relation Umsatz bzw. Einkommen zu Arbeitszeit. Pro Jahr stehen 52 Arbeitswochen zur Verfügung. Bei„normaler" Gebarung in Sachen Urlaube, Fortbildung, Feiertage und Krankenstand bleiben 40 Arbeitswochenübrig.

Vorwort und Einleitung5
Die Autoren6
Inhalt9
Grundlagen11
Defi nitionen12
Kassenarzt12
Wahlarzt12
Privatarzt13
Wohnsitzarzt13
Historische Entwicklung14
Kassensystem14
Wahlarztsystem15
Krankenkassendorado Österreich15
Dutzende Krankenkassen – dutzende Abrechnungssysteme15
Das Wirtschaftlichkeitsgebot bei Kassenärzten22
Kurzfristige Budgetsanierung oder gesundheitspolitischer Weitblick?25
Ausgewählte Lebenslügen der modernen Gesundheitspolitik27
Ärztekammern in der Sackgasse?36
Kammerstruktur36
Wettbewerb innerhalb der Ärztekammer – Jeder gegen Jeden41
Spaltpilz im Vormarsch – Die Zähne sind gezogen36
Der Mythos vom Gott in Weiß44
Die Mär von den goldenen Türklinken44
Helfersyndrom als Berufung46
Situationsbeschreibung49
Neun Bundesländer – Neun Wege zum Kassenvertrag50
Niederlassungsrichtlinien, Übergabemodalitäten, Ordinationsbewertung50
Was ist eine Ordination eigentlich wert?50
Weitere Gedanken zur Ordinations bewertung55
Übergabepraxis in Niederösterreich –ein schlechtes Beispiel56
Aktuelle Situation der Kassenärzte in Österreich61
Einbahnstraße Honorarsystem65
Der Wahlarzt im Spannungsfeld zwischen Medizin und Ökonomie69
Freier Beruf Wahlarzt!69
Honorargestaltung nach wirtschaft lichenKriterien70
Mathematik in der Gebietskrankenkasse70
Wie viele Wahlärzte verträgt der Markt?72
Standpunkte und Perspektiven75
Österreich im Umbruch75
Warum ich gerne Kassenarzt bin75
Warum ich (gerne) Wahlarzt bin78
Visionen als Zukunftsperspektiven81
Sichtweise der Patienten89
Qualität89
Der Wahlarzt aus Sicht des fachkundigen Patienten –gelebte Patienten orientierung92
Umsatz – Gewinn – Einkommen95
Medizin zwischen Ethik und Monetik99
Was ist Medizin wert?100
Ökonomischer Zwang versus Ärzte gesetz – Dokumentation und Aufklärung106
Von der (Ohn)Macht der Kammern im Zwiespalt unterschiedlicher Interessen108
Der verordnete Solidarfonds109
Chefarztpfl icht und Bürokratie109
Erstattungskodex110
Kammerbeschlüsse und Legislative110
Hygieneverordnung111
Zusammenschluss von Versicherungen111
Qualitätssicherung111
Vorsorgeuntersuchung neu111
Ärztliche Hausapotheken111
Arbeitszeitgesetz112
Gesundheitspolitik auf dem Holzweg112
Wahlarztaktivitäten im Spannungsfeld der Ärztekammer115
Erfahrungen eines engagierten Wahlärztevertreters116
Wahlarztreferat der Österreichischen Ärztekammer116
Verein Wahlärzte Österreich116
Pressekonferenz117
Die