: Helmut Brandstätter, Margaretha Kopeinig
: So kann Europa gelingen Gespräche mit Werner Faymann, Sigmar Gabriel und Federica Mogherini
: Verlag Kremayr& Scheriau
: 9783218009775
: 1
: CHF 15.20
:
: Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
: German
: 176
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wie kann Europa wieder stärker werden? Wachstum, mehr Arbeitsplätze, öffentliche und private Investitionen, Steuergerechtigkeit sowie ein selbstbewusstes, globales Auftreten sind die Antworten auf Krise, hohe Arbeitslosenraten und schleichenden Bedeutungsverlust der Europäischen Union in der Welt. Anhand von Interviews mit wichtigen europäischen Akteuren wie dem österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann, dem deutschen Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sowie der Hohen Beauftragten der EU für die Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, werden die Strategien für eine erfolgreiche EU-Politik skizziert. Zu Wort kommen auch renommierte Ökonomen: der deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger, der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Marcel Fratzscher und der international bekannte Steuerexperte Jeffrey Owens. Das Buch ist ein eindeutiges Plädoyer für eine EU, die handelt und konkrete Ergebnisse für die Menschen bringt. Die zunehmend vorhandene EU-Skepsis soll dadurch abgebaut und das Europa-Bewusstsein gestärkt werden. Das Buch liefert ein klares Bekenntnis: Europa ist die Lösung und nicht das Problem. Und ein starkes, soziales, wettbewerbsfähiges Europa ist das einzige probate Mittel gegen Nationalismus und Populismus.

Margaretha Kopeinig, geb. 1956, Studien in Wien, Genf und Bogotá. 1992-1994 EU-Korrespondentin der Tageszeitung 'Kurier' in Brüssel, seit 1995 Redakteurin des 'Kurier' mit Schwerpunkt Europa und Kommentatorin im 'Kurier'. Autorin mehrerer Bücher zu Europa, unter anderem über Jean-Claude Juncker; zuletzt gemeinsam mit Wolfgang Petritsch 'Das Kreisky-Prinzip. Im Mittelpunkt der Mensch'. Mehrere Journalisten-Preise (u. a. Professor-Claus-Gatterer-Prei 2008) Helmut Brandstätter, 1982-1997 ORF in Wien, Bonn und Brüssel, 1991-1995 Hauptabteilungsleiter Politik und Zeitgeschehen, dann Gründer und Moderator des ORF-Report; 1997-2003 Geschäftsführer n-tv, Berlin; 2003-2005 Mitgründer und Geschäftsführer PulsTV; 2005-2010 Gründung und Leitung einer Beratungs- und Kommunikationsagentur; seit August 2010 Chefredakteur des 'Kurier'; seit August 2013 'Kurier'-Herausgeber und Chefredakteur.

Macht der Menschen, Macht der Zukunft


Vorwort- und Vorwärts-Gedanken über die Zukunft Europas
Von Jean-Claude Juncker*


Wir schreiben – nach dem kurzen, heftigen 20. „Jahrhundert der Extreme“ – das Jahr 2014 eines hoffentlich längeren Säkulums. Zumindest in Europa. Zumindest in der westlichen Welt. Wenn wir denn noch von einer westlichen Welt im Sinne des Abendlandes reden können. Oder reden sollen. Vielleicht eher von einer demokratischen und freien Welt, die jedoch per definitionem geografisch und gesellschaftlich nur offen sein kann. Denn weder die politische Demokratie noch die menschliche Freiheit lassen sich räumlich eingrenzen. Schließlich sind beide tief im Menschen verwurzelt. Ja, die Freiheit macht den Menschen eigentlich aus. Die ganzheitliche, nicht nur die wirtschaftliche Freiheit. Sonst kann sich die Freiheit schnell in ihr Gegenteil verkehren. Insofern behält auch im angehenden 21. Jahrhundert der Wahlspruch der Französischen Revolution „Liberté, Égalité, Fraternité – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ seinen ganzen Wert.

Gerade in einer zunehmend globalisierten, fragmentierten, vernetzten Welt gilt es, auch die Verzahnung dieser Werte im Menschen zu sehen. Und sie dann auch politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich umzusetzen. Wobei Freiheit in erster Linie die Freiheit zur Selbstbestimmung und zur Selbstentfaltung sein muss, Gleichheit in erster Linie die Gleichheit im Staat und vor dem Gesetz bedeutet. Aber auch Gemeinwohl und Gerechtigkeit in der Gesellschaft. Und Brüderlichkeit schließlich meint nichts anderes als gewollte und gelebte Gemeinschaft über die bloße Gesellschaft hinaus. Bei genauerer Betrachtung sind wir also auch im postmodernen Jahrhundert noch weit von diesen hochgesteckten Idealen entfernt. Politisch entscheidend jedoch ist, dass der eingeschlagene Weg stimmt. Denn wirklich ankommen werden wir politisch nie. Die absolut freie, die absolut gleiche, die absolut brüderliche Welt wird immer unerreichbar bleiben. Das lehrt uns die Tragik der Geschichte. Denn das Absolute liegt oft sehr nahe beim Totalitären oder beim Fundamentalismus. Und somit auch bei Gewalt und Krieg.

Die friedensstiftende Wurzel-Idee Europas geht gerade deshalb vom ganzheitlichen Menschen aus. Von seinen Stärken. Aber auch von seinen Schwächen. Von den Stärken der Nationalstaaten. Aber auch und gerade von ihren Schwächen. Von den Stärken des Supranationalen. Aber auch hier – eindeutig – von seinen Schwächen. Europa und die Europäische Union sind mithin weder Nationalstaat noch absolute Heilslehre. Ja, selbst die Frage, ob die föderale Idee heute noch zeitgemäß ist, muss zumindest aufgeworfen werden. Zukunftsweisend ist vielmehr eine andere, etwas in Vergessenheit geratene politisch-gesellschaftliche Leitidee: die Subsidiarität. Man könnte zuweilen fast den Eindruck gewinnen, dass sie, nachdem sie Einzug in die europäischen Verträge gehalten hat, aus dem wirklichen Leben der Union verschwunden ist. Subsidiarität bedeutet letztlich politisch-gesellschaftliche Hilfestellung zur Freiheit. Und ist somit die andere Seite der Solidaritätsmedaille, die den Menschen und seine Gemeinschaften weder bevormunden noch erschlagen, sondern vielmehr aufbauen soll.

Auch das Europa der großen Dinge, der guten Idee, des richtigen Weges ist aus dem Leben der Menschen verschwunden. Teilweise politisch gewollt, teilweise systemisch ungewollt. Gleichzeitig ist das real existierende Europa der kleinen Dinge, der erdrückenden Bürokratie, des nicht zielführenden Weges zu präsent im Alltag der Menschen. Ohne diesen wirklich nachhaltig zu verbessern. Insofern muss sich Europa wirklich wieder den großen Dingen zuwenden. Und die kleinen Dinge den Nationalstaaten, Regionen und Kommunen überlassen. Anders gesagt: Europa muss wieder mit der Wirklichkeit der Menschen vor Ort verzahnt werden. Nicht nur in Europa übrigens.

Denn Europa hat sich vom Leben der Menschen und von ihrer Wirklichkeit entfernt. Deshalb muss das Europa der Zukunft auch menschlicher sein – oder es wird nicht sein! Menschlicher nach innen im Sinne von freier und gerechter, effizienter und transparenter. Aber auch menschlicher nach außen im Sinne einer sanften Wertemacht statt einer bloßen Wirtschafts- oder Finanzmacht. Überhaupt muss sich Europa von der Vorstellung und mehr noch von der Wirklichkeit einer reinen Wirtschaftsmacht sowie einer reinen Wirtschaftsgemeinschaft verabschieden. Ohne Wirtschaft ist zwar alles nichts. Gleichzeitig ist der Mensch aber nicht nur Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, Verbraucher oder Produzent. Und die Europäische Union eben nicht nur Wirtschaftsunion, sondern Union der Europäer und Nationen.

25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer – ein epochales Ereignis, das weder zu einer „Neuen Weltordnung“ noch zum Triumph des Kapitalismus noch zum „Ende der Geschi