Lieber Hans-Peter,
während der Lektüre deines Antwortbriefs gewann ich den Eindruck, dass Du der Frage »Wie kommen wir vom Krieg zum Frieden?« ausweichst und stattdessen die Frage aufwirfst, ob die Weststaaten – Du meinst vermutlich die USA mit ihren Nato-Verbündeten – eine doppelte Schuld träfe: zum einen als Mitverursacher der dem Krieg vorausgegangenen Konflikte, zum andern durch ihre Verweigerung, Friedensverhandlungen aufzunehmen. Ich kenne diese Positionen, sie decken sich grosso modo mit dem offenen Brief (»Manifest«) von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer an die Bundesregierung, den Du mitunterzeichnet hast. Beide Punkte kommen auch in den Reden vor, die Ihr an der Kundgebung am 25. Februar in Berlin gehalten habt. Aus meiner Sicht zielen beide Positionen am Kern des Problems vorbei. Bitte lass mich dies hier begründen.
Zur ersten Position: Du bindest die Suche nach Frieden zurück an die Ursachen des Konflikts. Diese müssten rekonstruiert werden, so verstehe ich dich, ehe der Weg zum Frieden gefunden werden kann. Diesen Ansatz halte ich für akademisch, vielleicht geeignet für ein Seminar mit angehenden Historikern. Als Handlungsziel für die Friedenspolitik erscheint er mir irreführend. Deine These, Kriege seien Ersatzhandlungen und könnten mit »einer klugen, diplomatisch gesteuerten Friedensarchitektur« vermieden werden, vertreten auch namhafte Publizisten der linksalterativen Szene. Doch aus meiner Sicht erzählen die seit dem Zweiten Weltkrieg stattgehabten Kriege eine andere Geschichte. Du sagst, dass Kriege »als Symptom für eine schlechte Außenpolitik« zu deuten seien (23). Das mag – wenn ich dem britischen Historiker Christopher Clark (deutsch:Die Schlafwandler, 2013) folge – für die Gründe des Ersten Weltkriegs zutreffen. Damals gelang es den europäischen Nationalstaaten tatsächlich nicht, »eine stabile Friedenordnung aufzurichten«, wie Du es formulierst. Wobei: Die damaligen Machtstaaten Europas standen im Widerstreit zwischen borniertem Nationalismus und imperialen Grandiositätsphantasien. Vermutlich wollten die Generalstäbe der Achsenmächte keine Friedensordnung. Kriegsführung galt ihnen noch im Clausewitz’schen Sinne als effektives Instrument zur Durchsetzung außenpolitischer Ziele. Ich meine: Jene Sturköpfe waren vermutlich in Eri