Kapitel 1
In dem Moment, in dem Beatrice die Dusche verlässt, klingelt das Telefon. Mit einem Handtuch um den nassen Körper läuft sie ins Schlafzimmer. Nicht ahnend, inwieweit dieser Anruf ihr Leben durcheinanderbringen wird, nimmt sie den Hörer ab. „Hallo?“
Am anderen Ende der Leitung sagt zögerlich eine weibliche Stimme: „Ich hätte gerne Frau Schlösser gesprochen.“
„Am Apparat.“
„Gut“, sagt die Anruferin, atmet hörbar erleichtert aus und fährt dann fort: „Entschuldigen Sie bitte. Ich weiß, es ist schon spät, aber ...“
Beatrices Blick wandert zum Wecker, der neben dem Telefon auf dem Nachtschrank steht ‒ dreiundzwanzig Uhr vierzig.Stimmt, stellt sie fest. Normalerweise ruft mich um diese Uhrzeit keiner mehr an. Nun ja, egal was es ist, hoffentlich dauert es nicht allzu lange. Ich bin fix und fertig. Beatrice überlegt, kommt aber nicht darauf, an wen sie die Stimme erinnert. „Tut mir leid. Kennen wir uns? Wenn ja, dann ist mir entfallen, woher.“
„Nein, jedenfalls nicht persönlich“, erklärt die Anruferin. „Mein Name ist Tanja Siewert. Ich bin die Nachbarin von gegenüber und eine gute Freundin von Anni … Annemarie Reuter. Das ist Ihre Tante, soviel ich weiß.“
Vor Beatrices geistigem Auge erscheint eine einen Meter achtundfünfzig große, quirlige und ste