: Jennifer Konzett
: Interferenzen beim Simultandolmetschen vom Spanischen ins Deutsche aus (psycho)linguistischer und dolmetschprozessorientierter Perspektive
: Narr Francke Attempto
: 9783823304791
: 1
: CHF 56.50
:
: Romanische Sprachwissenschaft / Literaturwissenschaft
: German
: 322
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das Werk befasst sich mit Interferenzen beim Simultandolmetschen in die A-Sprache in der Sprachkombination Spanisch - Deutsch. Die Erforschung von Interferenzen wurde im Bereich der Dolmetschwissenschaft bislang vernachlässigt, obwohl das Phänomen der Interferenzerscheinungen nicht nur aus linguistischer Perspektive interessant ist, da so sprachspezifische Schwierigkeitsstellen erfasst werden können, sondern auch aus dolmetschprozessorientierter Perspektive, da es einen Einblick in die Sprachverarbeitung und Strategien während des Simultandolmetschens ermöglicht. Es wurde folglich eine interdisziplinäre Perspektive an der Schnittstelle zwischen Linguistik und Dolmetschwissenschaft für die Erforschung von Interferenzen gewählt, um sowohl die linguistischen und sprachenpaarspezifischen Erkenntnisse als auch die Spezifika des Dolmetschprozesses berücksichtigen zu können.

Dr. Jennifer Konzett lehrt am Institut für Translationswissenschaft der Universität Innsbruck Übersetzen und Dolmetschen (Spanisch).

2Interdisziplinarität und Sprachenpaarspezifik


Für die Durchführung des Forschungsprojekts wird eine interdisziplinäre und sprachenpaarspezifische Vorgehensweise als geeignetste Herangehensweise erachtet.

Die Interdisziplinarität1 in der Dolmetschwissenschaft hat in den letzten Jahrzehnten stark an Wichtigkeit gewonnen. Als junge Wissenschaftsdisziplin war gerade zu Beginn eine gewisse Diskrepanz zwischen der Notwendigkeit, sich methodisch und theoretisch an andere Disziplinen anzulehnen, einerseits, und dem Wunsch nach Abgrenzung, andererseits, spürbar. Kalina (1998:33) schreibt zu diesem Prozess Folgendes: „Eine neu zu begründende Disziplin oder Teildisziplin kann sich zunächst nur in Abgrenzung von anderen Wissenschaften und in ihrer Schnittmenge mit ihnen definieren.“

In den letzten Jahrzehnten gewann die Berücksichtigung der Erkenntnisse aus benachbarten Forschungsfeldern für viele Themenstellungen an Wichtigkeit. (Vgl. Pöchhacker 1994:25 f.) Kurz (1996), zum Beispiel, sieht dieselbe Notwendigkeit einer interdisziplinären, multiperspektivischen Forschung, die Snell-Hornby (1986) für die Übersetzungswissenschaft fordert, auch für die Dolmetschwissenschaft und erkennt vor allem großes Potential in der Miteinbeziehung von grundlegenden Erkenntnissen aus Forschungsbereichen wie „der allgemeinen Sprachwissenschaft, der Textlinguistik, der Kommunikationswissenschaft, der kognitiven Psychologie, der Sprachpsychologie oder Neurophysiologie“ (Kurz 1996:16). Die Autorin weist darauf hin, dass Interdisziplinarität keine Gefahr für die Eigenständigkeit der Translationswissenschaft darstellt, in Worten Snell-Hornbys (1995:84): „[…] [A]n integrated approach to translation is not only possible, but […] is even essential if translation studies is to establish itself as an independent discipline.“ Welche Forschungsdisziplinen von besonderer Relevanz sind, hängt wiederum stark von der jeweiligen Fragestellung ab und eine Bereicherung durch interdisziplinäre Ansätze findet nicht nur unidirektional statt, sondern bidirektional, wobei auch andere Disziplinen von translationswissenschaftlichen Fragestellungen und Untersuchungen profitieren können. (Vgl. Kurz 1996:15 ff.)

Für die ThematikInterferenzerscheinungen beim Simultandolmetschen sind einerseits linguistische Grundlagen aus den unterschiedlichen Teildisziplinen und andererseits psycholinguistische und kognitionspsychologische Erkenntnisse essenziell, um nicht nur sprachstrukturellen Besonderheiten der Dolmetschrichtung Spanisch – Deutsch Rechnung zu tragen, sondern auch mögliche Interferenzursachen auf Dolmetschprozessebene zu identifizieren und somit wichtige Rückschlüsse auf die Sprachverarbeitung beim Simultandolmetschen zu schließen.

Die Frage einer Sprachenpaarspezifik ist ein in der Dolmetschwissenschaft kontrovers diskutiertes Thema, vor allem im Bereich der Dolmetschdidaktik. Während von den Vertretern derInterpretativen Dolmetschtheorie, auchthéorie du sens (vgl. Seleskovitch/Lederer 1984), eine rein sinnbasierte Verarbeitung im Dolmetschprozess angenommen wird und sprachenpaarspezifische Besonderheiten somit kaum Beachtung finden, werden in vielen dolmetschwissenschaftlichen Forschungsarbeiten, welche auf den psycholinguistischen und kognitionswissenschaftlichen Erkenntnissen der Informationsverarbeitungstheorie basieren, sprachenpaarspezifische Ansätze und damit einhergehend die linguistischen Grundlagen der beteiligten Sprachen als wichtige Faktoren im Dolmetschprozess angesehen2. Gile (2003:58) schreibt diesbezüglich, dass sich ein sinnbasierter Ansatz, wie er in