Ein Kind kann von Geburt an zwei oder mehrere Sprachen erwerben. Auch mit drei Jahren oder später kann es eine zweite oder dritte Sprache erfolgreich erlernen. Der mehrsprachige Spracherwerb verläuft nicht viel anders als der einsprachige. Meist bildet sich eine der Sprachen als starke Sprache aus.
Wie wird man zwei- oder mehrsprachig?
Um zwei, drei oder mehr Sprachen zu beherrschen, gibt es eine Reihe von Möglichkeiten. Man kann z. B. bereits von Geburt an zwei, drei oder mehr Sprachen gleichzeitig erwerben. Man kann aber auch erst mit zwei, drei oder vier Jahren oder noch später anfangen, eine zweite oder dritte Sprache zu erlernen. Es gibt natürlich auch den Fall, dass sich eine Person nach der Pubertät, im Erwachsenenalter weitere Sprachen aneignet.
Es gibt zwei große Kategorien des mehrsprachigen Spracherwerbs:
Die simultane mehrsprachige Sprachentwicklung (auch als doppelter Erstspracherwerb bekannt): Diesen Erwerbstyp weisen Kinder auf, die von Geburt an mit zwei oder mehreren Sprachen aufwachsen.
Der Zweitspracherwerb: Er findet statt, wenn Personen eine zweite oder weitere Sprache(n) nach dem dritten Lebensjahr erwerben. Beim „Zweitspracherwerb“ werden zwei Unterkategorien unterschieden:
–der frühe Zweitspracherwerb: Hier werden Kinder einer zweiten oder dritten Sprache erst zwischen dem dritten und siebten Lebensjahr ausgesetzt.
–der spätere Zweitspracherwerb: Diesen Spracherwerbstyp weisen Personen auf, welche eine zweite oder weitere Sprache erst nach dem siebten Lebensjahr erlernen.
Es wird immer wieder argumentiert, dass diese Art von Kategorisierungen des mehrsprachigen Spracherwerbs nur der Theorie diene und für die pädagogische und / oder sprachtherapeutische Praxis nicht sinnvoll sei. Im Rahmen meiner 30-jährigen Tätigkeit als Lehrerin und Sprachtherapeutin mehrsprachiger Kinder, hat das Wissen, dass Spracherwerbsprozesse bei den verschiedenen Kategorien des mehrsprachigen Spracherwerbs unterschiedlich verlaufen können, mir oft geholfen, die Sprachförderung bzw. -therapie effektiver zu gestalten.
Die simultane mehrsprachige Sprachentwicklung
Die simultane mehrsprachige Sprachentwicklung oder den „bilingualen Erstspracherwerb“ findet man in der Regel bei Kindern mehrsprachiger Ehen, in der jeder Elternteil mit ihnen seine eigene Erstsprache spricht wie bei Christine und Alexander:
Beispiel
Die fünfjährige Christine und der dreijährige Alexander gehen in einen deutschen Kindergarten in Hamburg. Ihr Vater stammt aus Madrid und ihre Mutter aus Berlin. Sie sprechen fließend Spanisch und Deutsch, weil, wie sie selber erzählen, „unser Papa zu uns immer Spanisch und unsere Mama Deutsch spricht“.
Eine simultane mehrsprachige Sprachentwicklung kann aber auch bei Kindern auftreten, deren beide Eltern eine andere Sprache sprechen als die der Umgebung. Hier ist die Familiensprache eine andere als