: Jürgen Sammet
: Erwarte nichs, erhoffe alles Gedanken eines Hobbymönchs
: Vier-Türme-Verlag
: 9783736504707
: 1
: CHF 15.40
:
: Christliche Religionen
: German
: 160
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wir werden geboren und am Ende sterben wir. Dazwischen liegt ein Leben, das wir gestalten wollen. Es soll sinnvoll, glücklich und erfüllt sein. Das Christentum hatte immer den Anspruch, Antworten darauf geben zu können, wie das gelingen kann. Glaube und Christentum sind jedoch aus vielfältigen Gründen ziemlich aus der Mode gekommen. Dadurch gerät leider auch der Schatz an Antworten in Vergessenheit. In vielen Klöstern wird dieser Schatz jedoch nach wie vor bewahrt. Und selbst für kirchenferne Menschen sind Klöster auch heute ein Sehnsuchtsort, an dem sie sich auf die Suche nach dem 'Mehr' in ihrem Leben begeben. Jürgen Sammet ist Oblate der Benediktinerabtei Münsterschwarzach und somit ein 'Hobbymönch'. Für ihn steht fest: Moderne Lebensentwürfe und christlicher Glaube müssen sich nicht widersprechen. Und Religion kann auch heute noch Antworten auf die Fragen nach einem erfüllten Leben geben. Gerade die Regel des heiligen Benedikt eröffnet einen Weg, sich diesen Schatz für die eigene Lebensführung zu erschließen. Wie das konkret aussehen kann, zeigt der Autor in diesem Buch.

Jürgen Sammet ist Dr. phil und Diplom-Pädagoge, Organisationsberater, Lernbegleiter und Hochschuldozent mit Themenschwerpunkt: Neue Formen der Zusammenarbeit und des Lernens in Organisationen. Seit 2007 unterstützt er die Abtei Münsterschwarzach als Organisationsberater, wo er seit 2012 Oblate (Hobbymönch) ist.

Erfolg, Glück und Leben in Fülle

Um einen geklärten Begriff von Glauben zu gewinnen, sind wir jetzt tief in die Erkenntnistheorie abgetaucht. Wer bis hierher durchgehalten hat: Danke für die Geduld! Grundfrage dieses Buches ist aber die Frage nach dem gelingenden Leben. Was hat nun der Glaube damit zu tun?

In den Erfahrungen der Selbsttranszendenz erlebe ichFülle. Diese Momente der Fülle haben die Kraft, mein Leben zu transformieren, sie verändern mich und lassen mich eine neue Perspektive auf das Leben gewinnen. Selbsttranszendenz ist nun aber so ziemlich das Gegenteil von dem, was manche Glücksratgeber versprechen, denn es geht eben nicht um Selbstoptimierung und Ego-Steigerung, sondern darum, von diesem Selbst Abstand zu gewinnen und anderes in den Mittelpunkt zu stellen: »Ergriffensein von dem, was uns unbedingt angeht.« Der Zusammenhang von Glück und Glaube findet seinen Ausgang also nicht in der unmittelbaren Nützlichkeit von Religion, nicht in der Frage »Was bringt mir Religion?«, sondern in Erfahrungen der Selbsttranszendenz. Glück und Zufriedenheit ergeben sich dann indirekt, fast als Nebeneffekt. Wer Glück direkt anstrebt, ist auf dem besten Weg, es gründlich zu verfehlen.

Vielleicht ist aber auch die Frage falsch gestellt. Vielleicht geht es am Ende gar nicht darum, »glücklich« zu sein, sondern um so etwas wie ein »Leben in Fülle«?

Dazu eine Geschichte: Stellen Sie sich vor, ein Mann – nennen wir ihn Hubert, er könnte aber auch ganz anders heißen – sitzt zu Hause vor dem Fernseher und schaut sich gerade eine neue Serie an. Im letzten Video-Call haben sich seine Arbeitskollegen intensiv über diese Serie unterhalten. Da er sie noch nicht gesehen hatte, fühlte er sich ein wenig außen vor. Umso mehr freut er sich schon darauf, bei der nächsten Unterhaltung mitreden zu können. Und obwohl er die Serie eigentlich ganz unterhaltsam findet, fühlt er sich irgendwie unruhig. Sollte er vielleicht nicht doch lieber in seinem Buch weiterlesen? Oder noch einmal versuchen, ob er Emma, eine gute Bekannte, erreicht, damit sie sich heute Abend treffen können? Aber dann könnte er ja nicht mehr bei seinen Kollegen mitreden. Er beschließt, sich erst einmal eine Tüte Chips und ein Bier zu gönnen. Vielleicht hilft das ja. Als die Tüte leer und die Unruhe immer noch da ist, dämmert es ihm langsam: Es könnte auch Hunger sein. Ihm fällt ein, dass es nicht besonders viel war, was er heute gegessen hatte. Da er außer Chips und abgelaufenem Joghurt nichts im Haus hat, beschließt er, sich auf die Suche nach etwas Richtigem zu machen. Leider ist es schon recht spät, und es haben nicht mehr viele Lokale auf. Fastfood möchte er nicht, weil er weiß, dass das bei ihm nicht lange anhält und er bald wieder Hunger bekommen wird. Irgendwann kommt er an einem Restaurant vorbei, in dem gerade eine ausgelassene Feier stattfindet. Es duftet herrlich nach Essen, und er bleibt vor dem Lokal stehen. Ein freundlicher älterer Herr erklärt ihm, dass er gerade mit Freunden seinen runden Geburtstag feiert, und lädt ihn ein, hineinzukommen. Drinnen erwartet ihn ein köstliches Büffet, von dem er sich großzügig bedient. Ja, er hatte wirklich großen Hunger, stellt er fest! Gesättigt und zufrieden bemerkt er erst jetzt die besondere Atmosphäre des Festes: Eigentlich kennt er Geburtstagsfeiern eher als Saufgelage mit Wolfgang-Petri-Untermalung. Hier dagegen wirkt alles sehr leicht und heiter: die Menschen, die Musik, die Unterhaltungen. Als er die Tanzfläche betritt, ist ihm das nicht wie sonst peinlich, sondern er bemerkt sogar eine leichte Gänsehaut auf seinen Armen: Wie schön, dass ich mit diesen Leuten hier sein darf. Und als später alle dem Geburtst