EINFÜHRUNG
Um es kurz zu machen: Ich habe keine Antwort. Keine einzige.
Nun fragen Sie sich vermutlich, warum Sie dann dieses Buch überhaupt zur Hand genommen haben. Das ist an sich schon eine gute Frage. Vielleicht suchen Sie nach spiritueller oder moralischer Orientierungshilfe in Form von »Antworten auf große Fragen«.
Tut mir leid, dass ich Sie enttäusche. Ich möchte ehrlich sein. Legen wir die Karten auf den Tisch, damit wir wissen, woran wir sind, und ich Ihnen nichts vorgaukeln muss – was auf den nächsten über 350 Buchseiten nur schwer möglich wäre.
Zunächst einmal: Warum wage ich mich auf diese »Reise«? (Der Begriff ist furchtbar überstrapaziert, aber mir fällt kein besserer ein.) Als ich noch keine Kinder hatte, war ich naiv. Ich dachte, ich wüsste, dass das Elternsein das Leben sehr verändern würde. Von wegen. Ich dachte, ich hätte schon reichlich Erfahrungen gesammelt, bevor die Kinder kamen. Nächster Irrtum. Bei Berties Geburt war ich dreißig – und meine Güte, war ich unerfahren und unvorbereitet!
Ehe die Kinder auf die Welt kamen, stellte ich mir vor, dass meinem Mann Ben die Dinge leichtfallen würden, die am Kinderhaben Spaß machen: Höhlen bauen, der Superheld sein, alles, was mit Sport zu tun hat. Ich selbst dagegen, davon war ichfest überzeugt, würde ganz hervorragend »große Fragen beantworten«. Vielleicht deshalb, weil ich mich für weltgewandt und gut informiert hielt und (ehe die Babys mein Gehirn ruiniert haben) liebend gerne mit Ideen um mich geworfen und über das Warum und Weshalb des Lebens philosophiert habe. Ich hatte sogar ein intellektuelles (hust, hust) Studium der Theater-, Kultur- und Medienwissenschaften vorzuweisen. Folglich konnte ich es kaum erwarten, die kostbaren Hirne meiner (damals noch nicht existenten) Kinder mit meinem Wissen zu füllen.
Ich habe mich geirrt.
Wie immer in der Kindererziehung (und ehrlich gesagt auch im sonstigen Leben) sieht die Realität nicht so aus, wie man sie sich vorstellt.
Es ist Dienstagabend. Aber es fühlt sich an, als wäre mindestens schon Donnerstag. Ich habe Hummus auf dem Pulli. Ich muss eine Million E-Mails beantworten, und obwohl ich schon drei Kinder gebadet habe, muss ich mit zweien von ihnen noch über die Schlafenszeit verhandeln. Meine Periode bahnt sich an. Und ich habe Hunger.
Da meldet sich vom Sofa eine süße, unschuldige und neugierige Stimme: »Aber warum sterben Menschen, oder schlafen sie nur?«
Im Ernst?, denke ich.Ausgerechnet jetzt?
Nicht nur, dass ich mich vor einer der tückischsten Fragen des Lebens drücken möchte, weil das verlockende Szenario, in dem die Kinder im Bett liegen und ich in Ruhe meine Lieblingsquiche verspeise, zum Greifen nah erscheint – ich habe auch keine Ahnung, was ich sagen soll.
Könnte das der verhängnisvolle Moment sein, in dem meine gut gemeinte, aber leider oberflächliche Antwort meine (hin und wieder) süßen Kinder verhunzt und zur Folge hat, dass sie jahrelang therapiert werden müssen? Und wenn ja, wie um alles in der Welt kann ich das vermeiden?
Abgesehen davon, dass ich alles andere als gut darin bin, die »Aber warum?«-Fragen meiner Kinder zu beantworten, bin ich bei diesem Buch von ganz falschen Voraussetzungen ausgegangen.
Eigentlich war mein Plan ganz einfach: Ich wollte mir die größten, häufigsten und heikelsten Probleme herauspicken, ein paar Monate lang recherchieren, ihnen richtig auf den Grund gehen und dann solide Antworten lief