„Man frage nach dem Gründungsjahr Roms, und man wird ein Datum genannt bekommen, das – verankert zwar noch in allen Lexika wie Schulbüchern – falsch und längst überholt ist – nämlich das Jahr 753 v.Chr. Auch die Antwort auf die Frage nach dem Gründer der Stadt wird – ebenso falsch – nicht anders lauten, als sie römische Schulknaben bereits vor 2000 Jahren gegeben haben – nämlich Romulus.“53
Nach der traditionell überlieferten Geschichte wurde das auf sieben Hügeln erbaute Rom vor seiner Zeit als Republik von sieben Königen inklusive seines Gründers Romulus regiert. Die moderne Forschung hat bereits „seit dem 19. Jahrhundert den mythischen Charakter dieser erst seit etwa 200 v.Chr. schriftlich fixierten Überlieferungen freigelegt und gezeigt, daß sowohl das kanonische Gründungsdatum Roms (753 v.Chr.) als auch die sieben Könige und die sieben Hügel fiktiv sind.“54 Doch selbst noch im gymnasialen Geschichtsunterricht der 1980er Jahre hatte der Autor den allseits bekannten Merkreim „7-5-3 – Rom schlüpft aus dem Ei“ zu verinnerlichen. Zwar ist es hinlänglich bekannt, dass der schulische Lehrstoff den wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht selten um mehr als ein Jahrzehnt hinterherhinkt, doch ist dieser verzögerte Eingang wissenschaftlicher Neuerungen in den Schulstoff in diesem Fall als Erklärung völlig unzureichend und auch gar nicht der wahre Grund.
Vielmehr ist es die moderne Forschung, die hinsichtlich der schriftlichen Überlieferung zur Frühzeit Roms ständig irgendwo zwischen übertriebener Kritik und naiver Leichtgläubigkeit hin- und herschwankt. Während etwa Ettore Pais bereits um die Wende vom 19. zum 20. Jh. die komplette annalistische Überlieferung zur Königszeit und zur frühen Republik verwerfen wollte und sogar so weit ging die Existenz Roms als Stadt vor dem – 4. Jh. zu leu