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Zwischen Aufbruch und Abbruch
Geschichten
Dieter starb nur wenige Tage vor seinem 65. Geburtstag. Wir schreiben das Jahr 1998. Neun Jahre sind seit dem Mauerfall vergangen, acht Jahre seit der Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands: Aufbrüche. Hoffnungen. Erwartungen. Enttäuschungen. Bitternis. Alles nacheinander und alles zugleich. Es war eine aufregende Zeit, auch für Dieter. Schließlich das ultimative Aus. Nicht einmal die Rente konnte er genießen. In derDDR kannte jeder den Witz: Ein guter Kommunist stirbt an seinem 65. Geburtstag, um die leeren Kassen des Staatshaushaltes nicht zu belasten – oder geht in den Westen, um dem Klassenfeind zu schaden. Dieter war nicht in den Westen gegangen. Dieser kam zu ihm. Gefreut hatte er sich, endlich im Osten den Westen zu haben.
Dieter hatte keine untypische Karriere hingelegt. Am Ende des letzten großen Krieges mit Brüdern und Mutter vertrieben, ging er nur kurz im Brandenburgischen zur Schule. Er musste Geld verdienen, die Familie mit ernähren. Dieter wurde Maurer – im Nachkriegsdeuts