: Stefan Aust, Adrian Geiges
: Xi Jinping - der mächtigste Mann der Welt Biografie | Ein neuer Blick auf China
: Piper Verlag
: 9783492600132
: 1
: CHF 19.00
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 288
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
China zwischen Weltmacht und Diktatur - die erste umfassende Biografie über den großen Unbekannten an der Spitze. Wer China verstehen will, muss Xi Jinping kennen. Die Journalisten Stefan Aust und Adrian Geiges liefern mit ihrer Biografie eine brillante Analyse über Macht, Personenkult und Alleinherrschaft. Kommunismus als Motor für den Status als globale Wirtschaftsmacht. Autokratie mit einem dünnen Anstrich demokratischer Freiheit. Internationale Politik der Öffnung und nationale Kontrolle durch Überwachung. Das moderne China verdankt seinen wirtschaftlichen und politischen Erfolg einem zutiefst widersprüchlichen System. An dessen Spitze vereint Xi Jinping faktisch alle Macht in sich. Doch der Generalsekretär der Kommunistischen Partei und Staatspräsident Chinas wirkt nicht wie ein Diktator, China nicht wie eine Diktatur. Stefan Aust und Adrian Geiges nähern sich mit 'Xi Jinping - der mächtigste Mann der Welt' erstmals umfassend der schleierhaften Figur des chinesischen Staatspräsidenten. In akribischen Recherchen sezieren die Autoren das brillant inszenierte Image eines Politikers, der der Autokratie China das Gesicht einer weltoffenen Nation verleihen will - und damit durchkommt. Wo kommt er her, was hat er vor - und was sollten wir von China erwarten? Als renommierte Top-Autoren begeben sich Aust und Geiges auf eine biografische Spurensuche, die nicht nur den Werdegang Xi Jinpings nachzeichnet, sondern Chinas Politik der vergangenen Jahrzehnte bis in die Gegenwart analysiert. So wird aus einer Politiker-Biografie eine fundierte Prognose über die neue Weltmacht im Zeichen des Kommunismus. Packend und faktenreich geschrieben: Das neue Standardwerk über internationale Politik Pünktlich zum 100. Jahrestag der Kommunistische Partei Chinas stellt 'Xi Jinping - der mächtigste Mann der Welt' auch unbequeme Fragen an der Einstellung der Staatengemeinschaft zum Geschehen in China. Die Biografie erhellt so Zusammenhänge, die sonst hinter Schlagzeilen und medialen Ablenkungsmanövern verschwinden.

Stefan Aust, geboren 1946, ist einer der bekanntesten Journalisten Deutschlands. Er begann bei der Zeitschrift konkret und arbeitete dann viele Jahre bei Panorama, wo sein Bericht über ein verschwiegenes Todesurteil, das der Marinerichter Filbinger im Zweiten Weltkrieg gefällt hatte, zu dessen Rücktritt als Ministerpräsident führte. Er gründete Spiegel TV und war 12 Jahre lang Chefredakteur des Spiegel, später Mitinhaber des Fernsehsenders N24 und Herausgeber der Welt. Er ist Autor zahlreicher Dokumentationen und Bu?cher. Sein Buch Der Baader-Meinhof-Komplex, erstmals 1985 erschienen, gilt als »Klassiker« (Frankfurter Allgemeine Zeitung).

Was juckt es uns, wenn in China ein Sack Reis umfällt?


Spätestens seit Corona wissen wir es

30. Dezember 2019, Zentralkrankenhaus der chinesischen Stadt Wuhan: Die Ärztin Ai Fen, Leiterin der Notaufnahme, öffnet einen Bericht, den sie mit Ungeduld erwartet hat. Er kommt aus Peking, vom Labor CapitalBio. In den letzten Wochen hat es in ihrem Krankenhaus mehrere Fälle mit unerklärlichen Fiebersymptomen und Lungenbeschwerden gegeben, bei denen normale Behandlungen nicht wirkten. Jetzt sind die Testergebnisse eines Patienten da. Ai Fen zuckt zusammen, als sie den Befund liest: »SARS-Coronavirus«. Sie umkreist die beiden Wörter mit einem Rotstift, fotografiert sie mit ihrem Handy und schickt das Bild an die anderen Ärzte im Krankenhaus. »Mir brach vor Angst der kalte Schweiß aus«, erzählt sie.[1] Die SARS-Pandemie 2002/2003 hat weltweit 774 Menschen getötet.[2] Droht sich das jetzt zu wiederholen? Ai Fen ruft ihre Kollegen dazu auf, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, und lässt die Gesundheitsbehörden informieren – tut also das, worin sie ihre Pflicht als Ärztin sieht.

Gedankt wird ihr dafür nicht, stattdessen wird sie vorgeladen, vor das Disziplinarkomitee des Krankenhauses. »Wie können Sie ohne Parteidisziplin Gerüchte verbreiten«, schreit der Leiter sie an. Die Ärztin muss sich verpflichten, alle 200 Kollegen zu drängen, die Information geheim zu halten. Sie soll alle einzeln treffen oder mit ihnen telefonieren, auf keinen Fall mailen oder chatten, damit keine weiteren Spuren entstehen. »Nicht einmal Ihrem Mann dürfen Sie etwas sagen!« Sie hält sich daran und sagt ihm an diesem Abend nur: »Falls mir ein Unglück zustößt, pass gut auf unser Kind auf.« Es ist nur ein Jahr alt. Erst Wochen später wird ihr Mann verstehen, wovon sie gesprochen hat.[3]

Heute fragt sich Ai Fen, wie viele Menschen hätten gerettet werden können, in Wuhan, in China und auf der ganzen Welt, wenn sie sich damals nicht gefügt hätte. Dabei hat ihre Warnung dazu beigetragen, dass sich die Nachricht weiterverbreitet. Denn über sie erfährt auch Li Wenliang davon, Augenarzt auf der dritten Etage des Zentralkrankenhauses. Er tauscht sich mit sieben ehemaligen Studienkollegen regelmäßig in einer Gruppe auf WeChat aus, dem chinesischen Gegenstück zu WhatsApp. Dort leitet er die Information weiter, die er gerade bekommen hat. Sieben Personen, eine vergleichsweise kleine Öffentlichkeit. Doch groß genug für die chinesische Regierung – nicht um jetzt etwas gegen das Virus zu unternehmen, sondern um Li Wenliang und seine Studienfreunde auf eine Polizeiwache vorzuladen. Den Internet-Zensoren entgeht praktisch nichts.

In Wuhan steht die jährliche Tagung des Scheinparlaments bevor, ein Jubelereignis, das man nicht durch schlechte Nachrichten stören will. Mit roter Tinte müssen die Vorgeladenen ihre Fingerabdrücke auf eine Unterlassungserklärung setzen. »Wir warnen Sie ernsthaft«, sagt der Polizist, der das Verhör leitet. »Wenn Sie nicht lockerlassen, impertinent bleiben und sich weiter an illegalen Aktivitäten beteiligen, wird das Gesetz Sie bestrafen.«[4]

Dabei ist der Arzt Li Wenliang alles andere als ein Dissident. An seinem Arztkittel trägt er das Abzeichen der Kommunistischen Partei, Hammer und Sichel auf rotem Grund. In seinem Blog hat er die demokratischen Proteste in Hongkong verflucht.[5]

Es folgen Wochen, in denen sich das neue Coronavirus ungehindert ausbreitet. Zwar lässt sich, unter anderem dank Li Wenliang, nicht mehr verschweigen, dass in Wuhan eine ungewöhnliche Krankheit umgeht. Die offiziellen chinesischen Medien behaupten aber, das Virus sei »kontrollierbar und eindämmbar«. Es rühre wohl von Fledermäusen her und sei »nicht von Mensch zu Mensch übertragbar«. Die Kommunistische Partei, die China regiert, möchte sich vor dem chinesischen Neujahrsfest nicht die Stimmung verderben lassen. Schließlich plant Wuhan am 20. Januar 2020 ein Festmahl für 40 000 Familien.[6] Dies wird das Superspreader-Event sein, durch das aus vereinzelten Krankheitsfällen eine Pandemie entsteht. Es wird nicht abgesagt, obwohl an ebendiesem 20. Januar Chinas führender Lungenspezialist Zhong Nanshan erstmals öffentlich erklärt: Das neuartige Virus ist von Mensch zu Mensch übertragbar – und bereits 14 Mitarbeiter des medizinischen Personals von Wuhan haben sich infiziert.[7]

Drei Tage später, in der Nacht auf den 23. Januar, riegelt Chinas Regierung Wuhan von der Außenwelt ab – eine Stadt mit mehr Einwohnern als Berlin, Hamburg, München und Köln zusammen. Am chinesischen Neujahrsfest gibt es dort bereits nichts mehr zu feiern (es richtet sich nach dem Mondkalender und fällt 2020 auf den 25. Januar).

»Das Gesundheitssystem der Stadt war diesem Ansturm von Patienten nicht gewachsen und stand kurz vor dem Zusammenbruch«, schreibt Fang Fang, die berühmteste Schriftstellerin der Stadt. »Das Neujahrsfest ist die Zeit, in der sich die Familien versammeln und allgemeine Feierstimmung herrscht. Doch nun irrten unzählige Erkrankte in eisiger Kälte durch Sturm und Regen in der Stadt herum, auf der vergeblichen Suche nach medizinischer Behandlung.«[8] Denn mit dem Lockdown ste