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Waldhusen, nordfriesische Uthlande, Januar 1362
Ein stiller, kalter Morgen und die seltsame Ahnung, dass die Welt bald eine andere sein würde. Die kühle Luft prickelte auf ihrer Haut, schmeckte nach Salz und Meer. Es roch nach feuchtem Gras, nach Torf und fruchtbarer schwarzer Marscherde. Das Rauschen des Schilfs, die kleinen Wellen, die leise plätschernd über das grau schimmernde Wasser des weiten Koogs liefen – als würde Gott selbst mit der Hand sanft über seine Welt streichen.
Beeke hob den Kopf und blinzelte durch den Morgendunst in den Himmel. Die frühe Sonne in ihrem Rücken durchbrach die Wolken, und für einen kurzen Augenblick war die junge Frau in warmes Licht getaucht. Sie schloss die Augen, genoss diesen Moment zwischen Vergangenheit und Zukunft, der nur ihr allein gehörte.
Sie lächelte, strich sich die langen blonden Haare aus dem Gesicht, als sie eine kräftige Brise aus dem Osten erfasste. Ließ die Gedanken treiben und schob die andere Hand über ihren noch flachen Bauch, streichelte das zarte Leben, das in ihr heranwuchs.
Doch was bedeutete diese Stille, die wie eine Decke über der Natur lag, so berauschend und bedrohlich zugleich?
Ein Krächzen, ganz in der Nähe. Sie öffnete die Augen und erblickte einen Reiher, der nicht weit von ihr entfernt auf langen Beinen durch die stumme Welt stakste. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke. Seine Augen glänzten wie nasse Kohle. Ein kurzes Blinzeln, und der große Vogel erhob sich flatternd in die Lüfte. Ein paar schiefe Flügelschläge dicht über dem Wasser, dann gewann er in langen, eleganten Schwüngen langsam an Höhe. Beeke beobachtete, wie er sich einem Schwarm Wildgänse anschloss. In einem langgestreckten Pfeil strebten die Vögel laut klagend landeinwärts, weg vom Meer, Richtung Geest.
Beeke streckte die Hand aus und drehte sie langsam, sah, wie sich ihre Härchen auf der Haut aufstellten.
Seltsam. Sie empfand eine Spannung, als würde alles um sie herum den Atem anhalten. Ein Sturm zog auf. Nicht ungewöhnlich in dieser Jahreszeit. Aber heute war etwas anders, die Welt veränderte sich, sie hatte nur keine Ahnung, wie.
Beeke fröstelte, als die Sonne wieder hinter dem Wolkenschleier verschwand. Sie zog ihr fast bis zu den Knöcheln reichendes Leinenkleid enger zusammen.
Ein Kinderlachen holte sie aus ihren Gedanken. Sie riss sich vom Anblick des Panoramas der endlosen Marsch los, wandte sich um. Luider, ihr sechsjähriger Sohn. Er spielte im Windschatten der kleinen Hütte. Beeke lächelte.
Langsam ging sie auf ihr Heim zu, fühlte das scharfe Seegras an den nackten Knöcheln