: Heinz Dürr
: Alter Mann, was nun? Zwischenrufe aus der letzten Reihe
: LangenMüller
: 9783784483764
: 1
: CHF 12.50
:
: Wirtschaft
: German
: 160
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Heinz Dürr stand jahrzehntelang 'In der ersten Reihe' - so der Titel seiner Autobiografie. Jetzt lassen seine Zwischenrufe aus der letzten Reihe aufhorchen. Der Ex-Bahnchef und Unternehmer, der stets Lust verspürte, jenseits ausgetretener Pfade unterwegs zu sein, ist auch im fortgeschrittenen Alter neugierig geblieben. Seine Fragen kreisen um Themen, die uns alle betreffen: Wie funktioniert unsere globale Wirtschaft in der Zukunft? Welchen Stellenwert nehmen Moral und Ethik in künftigen Unternehmen ein? Wie wirkt sich KI auf die Gesellschaft, die Wirtschaft und unser Privatleben aus? Seine scharfsinnigen Betrachtungen - geprägt von der Gelassenheit des Alters und begleitet von einer guten Portion Humor - sind gleichermaßen erhellend und unterhaltsam.

PROLOG:

In der letzten Reihe

Ich war zur Zweihundertjahrfeier der Humboldt- Universität zu Berlin eingeladen und hatte zugesagt. Am Eingang fragte ich die Hostess nach meinem Sitzplatz.

»Nur in den beiden ersten Reihen gibt es namentlich gekennzeichnete Plätze. Ihren Namen sehe ich nicht auf meiner Liste.«

Ich war irritiert. Früher hatte ich immer in der ersten Reihe gesessen.

»Im Saal können Sie Platz nehmen, wo Sie wollen«, sagte sie freundlich.

Der Saal war schon ziemlich voll. Ich fand einen Platz in der letzten Reihe. Die Veranstaltung war nach dem üblichen Muster gestrickt. Erst gab es ein Musikstück, dann eine Begrüßung, schließlich Reden. Die Reden führten aus, was man schon wusste oder doch zumindest hätte wissen sollen. Ehrwürdiges Gedenken, dann Lob und Dank für zahlreiche Menschen, von denen einige schon tot waren, andere noch lebten und manche sogar im Saal saßen. Es war ziemlich langweilig, fand ich in meiner letzten Reihe. Ich hatte viele Reden dieser Art gehört. Aber in der ersten Reihe war das etwas anderes. Da saß man neben jemandem, der wichtig war, wurde manchmal sogar mit dem Namen begrüßt und fotografiert und hatte während der Reden Zeit, sich zu überlegen, was man mit der Person, neben der man saß, beim anschließenden Empfang besprechen könnte. Doch in der letzten Reihe entfiel das naturgemäß.

Da ich den Reden schon rein akustisch nur schwer folgen konnte und mir das wenige, was ich aufgeschnappt hatte, nicht sehr bedeutend erschien, beschäftigte ich mich mit meiner Situation.

So ist es also, wenn man alt wird. Man sitzt in der letzten Reihe und stellt sich die Frage »Alter Mann, was nun?«.

Es gibt ja immer noch einiges zu tun, nicht mehr so viel wie früher. Und auch aus der letzten Reihe kann man sich schließlich zu Wort melden. Das reicht doch eigentlich.

Einige Zeit später war mein 85. Geburtstag. Große Veranstaltung, viele Freunde, Bekannte, Wegbegleiter, es hatte Reden gegeben. Darüber, was ich alles gemacht habe, was für ein toller Mensch und Unternehmer ich sei, wie man sich kennengelernt hatte. Manches klang fast wie ein Nachruf.

Danach saßen meine Frau Heide und ich noch im Garten, lauer Sommerabend, ein Glas Rotwein brachte Nachdenklichkeit.

»Schönes Fest.« Ich prostete Heide zu. »Was die guten Leute alles über mich erzählt haben. Und was mache ich jetzt?«

Heide schaute mich leicht schmunzelnd an: »Ein alter Mann muss mit der Zeit gehen, sonst wird er ein alter Sack.«

Das war zugegebenermaßen etwas drastisch. Aber es entsprach ihrer Art. Und recht hatte sie.

Wir hatten viel miteinander erlebt. Ich habe es sogar aufgeschrieben. In zwei Büchern: »In der erst