Zweites Kapitel
Mamas Bekannte waren schon in aller Herrgottsfrühe in Bewegung. Das Telefon klingelte unaufhörlich. Das heißt, ich dachte, es sei in aller Herrgottsfrühe, bis ich den Versuch aufgab, noch einmal einzuschlafen, und entdeckte, dass es elf war. Ich blickte zum Bett-Ende, und da starrte die Eule mich an.
Sie war mit den Schlipsen fertig. »Wenn du bei mir wohnen willst«, sagte ich streng, »musst du dir andere Gewohnheiten zulegen.«
Ich nahm sie mit hinunter und briet uns zwei Eier. Mama amüsierte Sich viel zu sehr am Telefon, um ans Frühstück zu denken. Die Eule durfte auf dem Tisch hocken und mit mir essen. Als Audrey im Morgenrock heruntergewackelt kam und den Vogel sah, stieß sie allerlei zimperliche Laute aus und schüttelte sich.
»Er ist reinlicher als du«, sagte ich. »Schau dir deine Haare an. Und du hast dir nicht einmal die Schnute gewaschen.«
»Ich will nicht mit einem wilden Tier am Tisch sitzen, Mama!«
Mama sagte, ich müsse die Eule wegschaffen. Am Hauseingang standen Leute. Ich ging zur Hintertür hinaus, froh, dass ich einen Vorwand hatte, mich davonzumachen. Ich dachte, die Eule würde wegfliegen, sobald sie ins Freie kam, aber sie krallte sich bloß in der Jackett-Schulter fest und ließ nicht locker, als ob sie Angst hätte. Vielleicht war sie eine zahme Eule. Ich schlenderte zu dem Loch in der Hecke hin, das zu dem Grundstück der Regents führt, und schlüpfte durch. Blue und Joe Kronsky, der Gärtner, betrachteten ein paar spindeldürre Tomaten- Pflänzchen im Gemüsegarten.
Blue sah die Eule. »Wo haben Sie sie her?«
Ich erzählte ihr die Geschichte und fügte hinzu, dass ich sie nicht behalten dürfe.
Joe sagte: Wie geht es, Mr. Truman?« Und ich erwiderte: »Fein!« Joe gibt mir immer einen großen Namen. Er erinnert sich dunkel, dass Papa einer der großen Redner der Demokraten war, aber er weiß nicht mehr, welcher.
»Hat man keine Armbanduhr bei euch gefunden? Ryan meint, der Tote müsste eine gehabt haben.«
»Vielleicht unten im Steinbruch«, sagte Joe. »Ich werde nachsehen. Ich muss ohnedies gleich nach dem Lunch hin und ihnen Zunder geben.«
»Wem, Joe?«, fragte ich. Ich weiß es ja, aber ich höre ihn gerne davon, reden.
»Den Männlein!« Er holte drei alte Zündkerzen aus der Hosentasche. »Die lege ich so auf die Erde. Dann kriegen sie einen elektrischen Schlag und rennen wie die Teufel davon.«
»Wohin?«
»Nach Brooklyn«, sagte er.
Blue machte ein finsteres Gesicht. »Lassen Sie Joe in Frieden...! Hätten Sie Lust, mir die Eule zu schenken?«
Sicher, sagte ich, falls sie verspräche, sie gut zu pflegen.
»Wie heißt sie?«
Ich taufte sie auf der StelleProfessor.
»Charles!« Das war Mama auf der anderen Seite der Hecke. »Charles, komm sofort nach Hause! Ich muss dir etwas sagen.«
»Man könnte meinen, ich wäre noch ein Baby«, sagte ich brummig. »Hören Sie zu! Wenn Sie die Eule wirklich haben wollen, können wir uns um zwei im Zoo treffen. Dort wird ma