: Margaret Scherf
: IM MITTELPUNKT DIE EULE Der Krimi-Klassiker aus New York!
: BookRix
: 9783748753056
: 1
: CHF 4.90
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 235
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ich streckte die Hand aus, und als ich sie wieder zurückzog, war sie voller Blut. Man hatte ihn von hinten her betäubt und ihm dann die Gurgel durchschnitten. Eine gründliche Arbeit. Mich fröstelte, mir war kälter als dem dicken Mann. Als ich auf dem einen Hosenbein einen Blutspritzer entdeckte, drehte sich mir der Magen um. Ich lief hinauf und rief die Polizei an. Die Polizei auf Long Island hat's mit der Ruhe. Sie machte auch jetzt keine Ausnahme. 'So, so?', sagte der Diensthabende. 'Wir schicken jemanden hin. Lassen Sie die Leiche liegen, wo sie liegt.' Was hatte er sich denn gedacht - dass ich sie in den Salon setzen und ihr eine Zigarre zwischen die Zähne stecken würde? Margaret Scherf (* 1908 in Fairmont, West Virginia; ? März 1979) war eine US-amerikanische Kriminal-Schriftstellerin. Der Roman Im Mittelpunkt die Eule erschien erstmals im Jahr 1945; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1961. Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

  Zweites Kapitel


 

 

Mamas Bekannte waren schon in aller Herrgottsfrühe in Bewegung. Das Telefon klingelte unaufhörlich. Das heißt, ich dachte, es sei in aller Herrgottsfrühe, bis ich den Versuch aufgab, noch einmal einzuschlafen, und entdeckte, dass es elf war. Ich blickte zum Bett-Ende, und da starrte die Eule mich an.

Sie war mit den Schlipsen fertig. »Wenn du bei mir wohnen willst«, sagte ich streng, »musst du dir andere Gewohnheiten zulegen.« 

Ich nahm sie mit hinunter und briet uns zwei Eier. Mama amüsierte Sich viel zu sehr am Telefon, um ans Frühstück zu denken. Die Eule durfte auf dem Tisch hocken und mit mir essen. Als Audrey im Morgenrock heruntergewackelt kam und den Vogel sah, stieß sie allerlei zimperliche Laute aus und schüttelte sich.

»Er ist reinlicher als du«, sagte ich. »Schau dir deine Haare an. Und du hast dir nicht einmal die Schnute gewaschen.«

»Ich will nicht mit einem wilden Tier am Tisch sitzen, Mama!«

Mama sagte, ich müsse die Eule wegschaffen. Am Hauseingang standen Leute. Ich ging zur Hintertür hinaus, froh, dass ich einen Vorwand hatte, mich davonzumachen. Ich dachte, die Eule würde wegfliegen, sobald sie ins Freie kam, aber sie krallte sich bloß in der Jackett-Schulter fest und ließ nicht locker, als ob sie Angst hätte. Vielleicht war sie eine zahme Eule. Ich schlenderte zu dem Loch in der Hecke hin, das zu dem Grundstück der Regents führt, und schlüpfte durch. Blue und Joe Kronsky, der Gärtner, betrachteten ein paar spindeldürre Tomaten- Pflänzchen im Gemüsegarten.

Blue sah die Eule. »Wo haben Sie sie her?«  

Ich erzählte ihr die Geschichte und fügte hinzu, dass ich sie nicht behalten dürfe.

Joe sagte: Wie geht es, Mr. Truman?« Und ich erwiderte: »Fein!« Joe gibt mir immer einen großen Namen. Er erinnert sich dunkel, dass Papa einer der großen Redner der Demokraten war, aber er weiß nicht mehr, welcher.

»Hat man keine Armbanduhr bei euch gefunden? Ryan meint, der Tote müsste eine gehabt haben.«

»Vielleicht unten im Steinbruch«, sagte Joe. »Ich werde nachsehen. Ich muss ohnedies gleich nach dem Lunch hin und ihnen Zunder geben.«

»Wem, Joe?«, fragte ich. Ich weiß es ja, aber ich höre ihn gerne davon, reden.

»Den Männlein!« Er holte drei alte Zündkerzen aus der Hosentasche. »Die lege ich so auf die Erde. Dann kriegen sie einen elektrischen Schlag und rennen wie die Teufel davon.«

»Wohin?«

»Nach Brooklyn«, sagte er.         

Blue machte ein finsteres Gesicht. »Lassen Sie Joe in Frieden...! Hätten Sie Lust, mir die Eule zu schenken?«

Sicher, sagte ich, falls sie verspräche, sie gut zu pflegen.

»Wie heißt sie?«

Ich taufte sie auf der StelleProfessor.

»Charles!« Das war Mama auf der anderen Seite der Hecke. »Charles, komm sofort nach Hause! Ich muss dir etwas sagen.«

»Man könnte meinen, ich wäre noch ein Baby«, sagte ich brummig. »Hören Sie zu! Wenn Sie die Eule wirklich haben wollen, können wir uns um zwei im Zoo treffen. Dort wird ma