: Stephanie Mende
: Um Gottes willen Warum Menschen heute ins Kloster gehen
: Adeo
: 9783863348144
: 1
: CHF 12.20
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: Biographien, Autobiographien
: German
: 196
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
'Wenn ich sagen würde, es ist leicht, ins Kloster einzutreten, würde ich lügen. Es ist wunderschön, aber es ist auch eine große Herausforderung.' Pater Isaak Maria, 26 Jahre, Zisterzienser Warum gehen Menschen ins Kloster - nicht nur für ein hippes Schweigewochenende, sondern für ein ganzes Leben? Was bewegt moderne Menschen dazu, sich einem religiösen Orden anzuschließen? Und dauerhaft auf Partnerschaft, Familie, Besitz und Selbstbestimmung zu verzichten? 16 Frauen und Männer im Alter von 23 bis 92 Jahren - vom Physiker bis zur Bierbrauerin - erzählen von ihrem persönlichen Weg in das Ordensleben und antworten auf spannende Fragen: Wann und warum haben sie den Ruf in dieses ungewöhnliche Lebensmodell verspürt? Welche Herausforderungen sind am größten? Und wie sieht der Alltag im Orden aus? Haben sie die Entscheidung je bereut und was macht sie wirklich glücklich?

liebt spannende Lebensgeschichten. Ob als Journalistin, Hörbuch- oder Buchautorin ist sie stets neugierig und interessiert sich für die Geschichten hinter der Geschichte. Als Systemischer Coach und Entspannungstrainerin gibt sie Kurse im klösterlichen Umfeld, wodurch die Idee zu diesem Buch entstand. Foto: Dieter Nothhaf

Etwa 40 Kilometer westlich von München befindet sich die Erzabtei St. Ottilien. Die große Klosteranlage, die von vielen Besuchern als Kraftort wahrgenommen wird, liegt eingebettet in Wiesen, Wälder und Felder im oberbayerischen Landkreis Landsberg am Lech. Bei schönem Wetter hat man von hier aus einen einzigartigen Blick auf das Alpenpanorama. Rund 80 Missionsbenediktiner leben, beten und arbeiten hier. Der Jüngste ist Anfang 20 und direkt nach dem Abitur in die Gemeinschaft eingetreten. Der Älteste ist 92. Er lebt seit über 70 Jahren in St. Ottilien.

Pater Timotheus ist 45 Jahre alt und seit fünf Jahren Prior der Erzabtei. Er hat eine freundliche und aufgeschlossene Art, die es Besuchern des Klosters leicht macht, mit ihm in Kontakt zu treten. Das Gespräch mit ihm ist angenehm und – so mein Empfinden – ausgesprochen offen und tiefgründig. Wir sitzen in einem Sprechzimmer, in dem sich die Mönche mit Besuchern treffen können, und unterhalten uns angeregt.

Stefan – so der Taufname von Pater Timotheus – wird 1974 in Ulm geboren. Zusammen mit seinem jüngeren Bruder verbringt er eine glückliche Kindheit im beschaulichen Wullenstetten im Landkreis Neu-Ulm. Er ist ein aufgeweckter, wissbegieriger und pflichtbewusster Junge, der schon mit fünf Jahren eingeschult wird. „Ich bin in einem gut katholischen Elternhaus aufgewachsen. Jeden Sonntag besuchten wir den Gottesdienst. Unser damaliger Pfarrer hatte eine sehr liebevolle Art, die es uns Kindern leicht machte, uns in der Kirchengemeinde wohlzufühlen. Und so war es für mich selbstverständlich, nach der Erstkommunion Ministrant zu werden.“ Ein Amt, das der kleine Stefan mit großer Freude und viel Engagement ausübt. „Sonntags ministrierte ich meistens zweimal: in der Frühmesse und im normalen Gemeindegottesdienst. Ich mochte die Atmosphäre in der Kirche. Deshalb ministrierte ich auch regelmäßig an Werktagen. Damals fasste ich den Entschluss, Priester zu werden. Ich spürte eine tiefe Verbundenheit, aber auch eine tiefe Sehnsucht nach Gott in mir.“

Die Eltern sind selbstständig. Sie führen den familieneigenen Zimmereibetrieb in der fünften Generation. Dass nicht nur sein Vater, sondern auch seine Mutter Bauingenieurwesen studiert hatte, war für die damalige Zeit ungewöhnlich. „Unsere Mutter war die älteste von drei Töchtern und meine Großeltern erwarteten von ihr, den Familienbetrieb weiterzuführen. Da meine Mutter aber nicht nur in der Verwaltung tätig sein, sondern auch selbst Baupläne entwerfen wollte, ging sie zum Studium an die Fachhochschule nach Augsburg. Dort lernte sie meinen Vater kennen. Bis ich in die siebte Klasse kam, haben mein Bruder und ich unsere Hausaufgaben im Haus unserer Großeltern gemacht, in dem auch das Büro war, in dem unsere Mutter gearbeitet hat. Wenn wir fertig waren, gingen wir zu einer sehr liebevollen Tagesmutter. Doch trotz der vielen Arbeit fanden meine Eltern immer Zeit, ihren Glauben aktiv zu leben. So besuchten sie jedes Jahr im Advent einen Meditationskurs im Kloster Neresheim.“

Auch Stefan lernt die Benediktinerabtei kennen. Doch das ist als Kind nicht sein einziger Kontakt zu einem Kloster. Zwei Tanten seines Vaters sind Ordensfrauen und werden ab und an von der Familie besucht. Zwar kommt es Stefan zu dieser Zeit noch nicht in den Sinn, selbst einmal in ein Kloster einzutreten, doch der Wunsch, Priester zu werden, festigt sich im Laufe der Jahre. Am Gymnasiu