1. REVOLUTION, FREIHEIT UND FREIMAURER
»Die Menschenrechte beginnen, wo die Vorurteile enden.«
MARQUIS DE LAFAYETTE (1757–1834)
Für die Freiheit sterben: Diesem Ruf folgten die meisten Revolutionäre. Die Idee eines demokratischen und selbstbestimmten Volkes war in Europa zu Beginn der Französischen Revolution – der »Mutter aller Revolutionen« – zwar nicht neu, doch wurde sie vor allem durch die Revolution in Amerika Ende des 18. Jahrhunderts in die Alte Welt getragen. Einer der größten Verfechter dieser Bewegung war Marie-Joseph Mortier, auch bekannt als der Marquis de Lafayette. Er war überzeugt von den Werten der Aufklärung, Demokratie, Freiheit und Gleichheit. Als General machte er zeitlebens auf beiden Kontinenten von sich reden.
Lafayette, er stammte aus adeligem Geschlecht und verfügte über ein nicht unbeträchtliches Vermögen, verkehrte im vorrevolutionären Paris in einflussreichen und vor allen Dingen freigeistigen Kreisen. Als Offizier von Stand hatte er zudem eine gute Ausbildung genossen und war politisch und gesellschaftlich recht umtriebig. So wurde er Mitglied der Freimaurerloge »Les Neuf Sœurs« – der auch einer der berühmtesten Philosophen der Aufklärung nahestand:Voltaire. Beinahe zeitgleich residierte auchBenjamin Franklin, einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten, in Paris. Er war neben seiner Leidenschaft für das angenehme Leben vor allem für seine guten Vernetzungen bekannt. Franklin war 1776 vom amerikanischen Kongress dorthin entsandt worden. Seine Tätigkeiten waren vor allem davon bestimmt, Frankreich als Verbündeten zu gewinnen und die revolutionäre Armee seiner Heimat mit Waffen und Material zu versorgen. Franklin war selbst bereits seit 30 Jahren Freimaurer.
Damals wie heute: Ein Freimaurer in einer fremden Stadt ist geneigt, Gesellschaft vor allem in den ortsansässigen Logen zu suchen. Es ist also denkbar, dass Voltaire, Franklin und Lafayette bei einer – vielleicht etwas weinseligen – Zusammenkunft im Logenhaus der »Neuf Sœurs« über die Amerikanische Revolution gesprochen haben. Ein Politiker, ein Philosoph und ein vermögender adeliger Offizier, vereint in ihrer Weltanschauung von Aufklärung und Freiheit. Diese Möglichkeit bleibt besonders von deutschsprachigen Historikern weitestgehend unbeachtet. Doch erscheint es einem Freimaurer mehr als nur wahrscheinlich, dass es sich so ereignet hat.
Das Ergebnis der Umtriebigkeit von Lafayette jedoch ist unstrittig: Er kaufte sich ein Schiff und segelte mit französischen Freiwilligen 1777 in die Neue Welt, sehr zum Unwillen seiner Frau und seines Schwiegervaters sowie seiner Bankiers. Seine freimaurerischen Verbindungen und seine Begabung für Sprachen öffneten ihm Tür und Tor. Er traf in Philadelphia auf George Washington, wurde als Gene