EIN SCHILLERNDER BEGRIFF
»Man kann meist viel mehr tun, als man sich gemeinhin zutraut.«
Aenne Burda
Jede Gesellschaft oder Gemeinschaft ist auf das machtvolle Wirken ihrer Mitglieder angewiesen. Wo Gruppen sind, da ist auch Macht. Ohne Macht keine Entwicklung und keine Ordnung. Und wer eine mächtige Position nicht füllen kann, bekommt ein Problem.
Je nachdem, von wo wir auf die Macht blicken, zeigt sie sehr verschiedene Seiten. Es lohnt, sich diese Seiten genauer anzusehen. Dann wird erstens klar, wovon wir eigentlich reden. Und zweitens können wir uns erst dann bewusst aussuchen, wie wir unsere eigene Macht ausleben können. Wir müssen erst herausfinden, wo sich Macht konzentriert und wie sie wirkt.
DIE DUNKLEN SEITEN DER MACHT
Das Wort Macht ist für viele Menschen direkt mit einem anderen verbunden: dem Missbrauch. Der zwielichtige Ruf, den die Macht bei so vielen Menschen hat, lässt sich gut nachvollziehen. Unterdrückung, Zwang, das Verfolgen egoistischer Interessen, Bestrafung, rücksichtslose Ausbeutung – für all das gibt es unzählige Beispiele.
Versetzen Sie sich für einen Augenblick in Ihre Schulzeit! Denken Sie an eine Lehrkraft, die sich sehr autoritär verhielt, die bei Ihnen und den anderen in Ihrer Klasse bestimmte Gefühle hervorrief: Widerwillen, Ausgeliefertsein, Schutzlosigkeit, Angst. Es kann gut sein, dass Sie diese Gefühle auch auf das jeweilige Schulfach übertragen haben.
Es gibt Menschen, die wie Max Weber unter Macht ein solches Verhalten verstehen: »Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.«2Mit seiner berühmten Definition hat Max Weber dazu beigetragen, dass wir an Unterdrückung denken, wenn wir von Macht hören. Wenn Macht »auch gegen Widerstreben« durchgesetzt wird, riecht das nach erzwungener Unterordnung, fehlender Rücksicht und Übergriffigkeit. Demnach werden Menschen in diesem dunklen Universum der Macht unterdrückt, eingeschüchtert und in ihrer Freiheit beschränkt.
Wie hat die Lehrkraft, an die Sie gerade dachten, ihre Macht ausgeübt? Hat sie herumgebrüllt, wenn sie frustriert war? Hat sie Ihnen Verachtung gezeigt und Sie klein gemacht? Hat sie Sie und Ihre Klassenkameraden vor den anderen bloßgestellt? War sie ungerecht und willkürlich, und hatte sie ihre Lieblinge, die sie bevorzugte?<