TEIL III:
DIE LEKTION
EINLEITUNG
Sechs Jahre nachdem ich gelernt hatte, mich zu lieben, stürzte ich ab. Das war allein meine Schuld.
In den Jahren davor hatte ich es schleifen lassen, mich auf Probleme fokussiert, auf das Leben nur noch reagiert, anstatt die Dinge anzugehen. Irgendwann geriet Selbstliebe in Vergessenheit. Ich konnte mich nicht an das letzte Mal erinnern, dass ich den Schwur abgelegt, geschweige denn mich richtig reingehängt hätte.
Die Pfade der Selbstliebe, die ich geebnet hatte, waren stark genug, um den Laden eine Weile lang am Laufen zu halten. Aber die Rinnen der Vergangenheit sind tief. Wenn man lange genug schludert, fließt wieder Wasser durch diese Kanäle.
Das wirkte sich auf meinen Geist aus. Dann auf mein Leben. Und trotzdem ließ ich es schleifen. Trägheit hat ihre eigene Dynamik. Und je länger ich es schleifen ließ, umso mehr mied ich das, was ich am nötigsten brauchte. In dieser Beziehung ist das Ego ziemlich clever.
Und dann die unerwartete Trennung von einer Frau, die ich innig liebte. Ich stürzte richtig ab.
Das Gute am Abstürzen ist, dass dein Ego schneller abstürzt als du. Deshalb fällt es leichter, loszulassen. Und das habe ich getan. Die Scham darüber, es zugelassen zu haben, derjenige gewesen zu sein, der es hätte besser wissen müssen, der nicht nach den Prinzipien gelebt hatte, die ich sogar in einem Buch beschrieben hatte. Ich musste mich retten, also gab ich alles auf.
Ich kehrte zur Übung zurück. Schicht um Schicht, Synapsenpfad um Synapsenpfad, Rinne um Rinne. Um mich von Neuem zu lieben. Doch obwohl ich den nächsten Schritt kannte, kämpfte ich dagegen an. Ehrlich gesagt bestrafte ich mich selbst dafür, so schlimm gescheitert zu sein.
Doch trotz meines Widerstands, obwohl ich es mir schwerer machte, als es hätte sein müssen, obwohl ich mir selbst im Weg stand, funktionierte die Übung. In weniger als einem Monat war ich von Grund auf verwandelt. Sich selbst zu lieben funktioniert, Punkt.
Dieser Teil des Buches, »Die Lektion«, ist eine zutiefst persönliche Geschichte. Wie im Rest des Buches ist jedes Wort wahr. Meine größte Schwäche ist zugleich eine, die mir auch viele Leser anvertraut haben. Sie besteht darin, dass ich, sobald es gut läuft, die Dinge schleifen lasse. Ich gebe diese Erfahrung an euch weiter, damit euch das nicht auch passiert.
Ihr werdet mir dabei zusehen, wie ich abstürze, mich wieder nach oben kämpfe und dann durch Umsetzung der gleichen Prinzipien, die mir einst das Leben gerettet haben, wieder aufstehe. Dadurch werdet ihr auch die Feinheiten der Reise verstehen. Ich glaube, es kann euch helfen.
Manchmal lernen wir aus den Fehlern anderer mehr als aus ihren Erfolgen. Seid also nicht überrascht, wenn ihr diesen Abschnitt plötzlich für den nützlichsten Teil des Buches haltet.
I
Ich komme mit dem späten Nachtflug nach Hause. Ich hätte einen bequemeren Flug nehmen können, aber ich wollte zurück zu ihr. Ich war anderthalb Wochen weg. Auf der Fahrt in die Innenstadt sehe ich die gläsernen Gebäude des Bankenviertels in der Morgensonne leuchten. Ich lächele.
Als ich die Tür öffne, kommt sie und umarmt mich. Aber nicht so wie sonst, wenn sie mir entgegeneilt und mich fest in den Arm nimmt. Sie lehnt sich nur an mich und drückt mich halbherzig.
»Was ist los?«, frage ich.
Sie war die ganze Nacht wach und hat geweint. Sie verlässt mich. Sie braucht Zeit für sich und Freiraum. Ist nicht bereit für eine feste Bindung. Begehrt mich nicht. Empfindet nicht das Gleiche für mich wie ich für sie. »Es liegt nicht an dir«, sagt sie, »sondern an mir«.
Die Welt um mich herum dreht sich. Als wäre ich auf einen Teppich getreten und sie hätte sich gebückt und ihn mir unter den Füßen weggerissen. Und ich falle nach hinten, in Zeitlupe, die Füße in der Luft. Ohne jede Kontrolle. Und ich spüre, wie der Boden immer näher kommt, und weiß, wenn ich aufschlage, werde ich zerbreche