: Rebecca Böhme
: Resilienz Die psychische Widerstandskraft
: Verlag C.H.Beck
: 9783406739576
: 1
: CHF 6.10
:
: Angewandte Psychologie
: German
: 124
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB/PDF
Stress, Krisen und Niederlagen gehören zu jedem Leben dazu. Nicht wenige Menschen haben mit traumatischen Erfahrungen zu kämpfen. Für die geheimnisvolle Kraft, die es uns ermöglicht, solche Ereignisse zu verkraften und zu bewältigen, verwendet die Psychologie den Begriff der 'Resilienz'. Die psychische Widerstandskraft ist eine Verbindung von Veranlagung, Prägung und Erfahrung und kann sich, wie Rebecca Böhme an vielen Bespielen zeigt, im Laufe des Lebens wandeln: durch Übung, Re-Evaluation und nicht zuletzt durch ein vertrauensvolles soziales Miteinander.

Rebecca Böhme ist Neuropsychologin und forscht am Zentrum für soziale und affektive Neurowissenschaften in Linköping, Schweden.

1. Begriffsklärung und Einordnung


Begriffsdefinition


Stress, Krisen, Niederlagen sowie leidvolle, traumatische Erfahrungen gehören zu jedem Leben dazu. Traumatische Ereignisse wie der Verlust einer geliebten Person, Gewalterfahrung oder Krankheit sind häufig.[1][2] Je nach Erhebungsmethode und Erhebungsland liegen die Näherungswerte für das Erleben eines traumatischen Ereignisses mindestens einmal im Leben zwischen 60 und 90 Prozent. Das bedeutet, dass beinahe jeder von uns etwas erlebt, das eine emotionale Reaktion auslöst, die so stark ist, dass das Ereignis nach dem diagnostischen Manual der psychischen Störungen (DSM) als psychologisches Trauma charakterisiert werden könnte.[3] Darin jedoch, wie der Einzelne solche Ereignisse verkraftet und bewältigt, unterscheiden wir uns erheblich. Während der eine selbst schwerwiegende negative Erlebnisse rasch überwindet, ja möglicherweise sogar gestärkt daraus hervorgeht, wird der andere von kleinen Krisen aus der Bahn geworfen.

Nur 5 bis 10 Prozent all derjenigen, die ein traumatisches Ereignis erleben, entwickeln eine posttraumatische Belastungsstörung (englisch:posttraumatic stress disorder,PTSD). Doch traumatische Erlebnisse und Krisen können auch andere Folgen haben: Burn-out, Ermattungssyndrom, Depression. Zudem liegen Stress und Traumata häufig anderen gesundheitlichen Beschwerden zugrunde, die gar nicht mit der Psyche in Verbindung gebracht werden, oder können einen negativen Einfluss auf Krankheitsverläufe haben. Da die Wahrscheinlichkeit hoch ist, im Leben negativen Erfahrungen ausgesetzt zu sein, liegt es nahe, diesen durch die Förderung der psychischen Widerstandsfähigkeit präventiv zu begegnen. Warum manche Menschen eine stärkere psychische Widerstandskraft haben als andere und wie man die Psyche stärken kann, davon handelt dieser Band.

Für die psychische Widerstandsfähigkeit hat sich der Begriff der «Resilienz» eingebürgert, der vom Lateinischenresilire (deutsch: zurückspringen, abprallen) abstammt. Gemeint ist die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen als Anlass für Entwicklungen zu nutzen.[4] Ganz allgemein gesprochen, kann Resilienz als die Fähigkeit eines Systems definiert werden, nach einer Störung wieder in seine Ausgangsposition zurückzukehren und dabei die gleiche Funktion, Struktur oder Identität zu behalten. Insofern kann der Begriff «Resilienz» auch für andere Systeme als die menschliche Psyche genutzt werden. Wie wir im weiteren Verlauf sehen werden, ist die Beschreibung der Resilienz als «Widerstandsfähigkeit» eigentlich fehlleitend – denn der Begriff «Widerstand» impliziert ein hartes Gegen-etwas-Ankämpfen, während es sich bei der Resilienz vielmehr um sanfte Flexibilität und Anpassungsfähigkeit handelt. Trotzdem werde ich das Synonym «Widerstandsfähigkeit» im Text verwenden, im Sinne einer auf Dauer den Widrigkeiten trotzenden Psyche. Wir wollen hier «Resilienz» als die Erhaltung oder zügige Wiederherstellung der psychischen Gesundheit nach einem traumatischen Erlebnis oder während adverser Lebensumstände definieren.

Resilienz in anderen Bereichen


Die Resilienz eines Systems hängt von seiner Fähigkeit ab, Störungen zu absorbieren und sich neu zu organisieren. Dies lässt sich gut am Beispiel eines Ökosystems verdeutlichen. Wird ein kleiner Bachlauf durch sauren Regen verschmutzt, schadet dies kurzfristig einigen Tieren und Pflanzen. Dies ist die Störung. Doch da sich das Wasser im Fluss befindet, verteilt sich das schädliche Regenwasser rasch – die Störung wird also absorbiert, und das Ökosystem Fluss kann zu seinem Ausgangszustand zurückkehren. Ein anderes Beispiel ist das Einbringen einer neuen Pflanzenart in ein existierendes Ökosystem. Die neue Pflanze breitet sich möglicherweise stark aus und beginnt heimische Pflanzen zu verdrängen. Wenn jedoch einige der heimischen Tiere diese neue Pflanzenart als Nahrungsquelle entdecken, können sie deren Zahl wieder dezimieren: Das Ökosystem passt sich also an die neuen Gegebenheiten an. Wenn sich ein neues Gleichgewicht entwickelt, hat das Ökosystem resilient auf die Störung reagiert.

Auch in Bezug auf unser Klima können wir von Resilienz sprechen: Die Fähigkeit von Ozeanen und Wäldern,CO2 aufzunehmen, also wortwörtlich zu absorbieren, hatte für eine lange Zeit zur Folge, dass sich trotz erhöhtemCO2-Ausstoß keine sofortigen Konsequenzen für das Klima ergaben. Sobald jedoch die Ozeane und Wälder gesättigt sind, hat da

Cover1
Titel3
Zum Buch2
Über die Autorin2
Impressum4
Inhalt5
1. Begriffsklärung und Einordnung7
Begriffsdefinition7
Resilienz in anderen Bereichen8
Historische Entwicklung des Konzeptes9
Kritik am Resilienzkonzept11
2. Stress13
Stressoren13
Stressverarbeitung15
Trauma19
3. Die Messung von Resilienz23
Methoden23
Herausforderungen und Kritik24
4. Was beeinflusst unsere Fähigkeit zur Resilienz?31
Veranlagung: Genetik und Epigenetik33
Vorgeburtliche und frühkindliche Erfahrungen35
Stress und das Immunsystem40
Kindheit und Jugend42
Sozioökonomische Faktoren49
Resilienz und Kultur52
Aktuelle Umwelteinflüsse55
5. Strategien für mehr Resilienz57
Coping59
Körper: Grundlagen schaffen – Ernährung, Fitness, Schlaf60
Soziales Miteinander: Unterstützung und Nähe67
Psyche: Übungen71
Erwartungen anpassen72
Perspektivenwechsel72
Neubewertung73
Involviertheit (Commitment)75
Herausforderungen annehmen76
Frustrationstoleranz77
Autonomie, Kontrolle und Akzeptanz78
Kreativität79
Resilienz in Kindheit und Jugend fördern80
Prävention in der Schwangerschaft82
Kindheit83
Emotionsregulation85
Naturerlebnis87
Verantwortung87
Riskantes Spiel89
Jugend90
Soziale Medien und soziale Interaktion92
Interventionsprogramme94
Resilienz im Alter98
6. Schlusswort105
Anmerkungen und Literatur107