Kapitel Zwei
Jetzt
Ein komisches Gefühl, wenn man sicher ist, dass einem jemand folgt. Ich habe das zwar bis heute noch nie erlebt, doch es ist eindeutig; man spürt den bohrenden Blick, das Bohren löst sich allerdings sofort auf, wenn man sich umsieht. Und man trotzdem weiß, dass einen jemand beobachtet.
Vor fünf Minuten habe ich das Warenhaus John Lewis betreten, obwohl ich gar nichts kaufen will. Ich will nur sicher sein. Es ist Mittagszeit, und ich muss in einer halben Stunde wieder bei der Arbeit sein und habe noch nicht gegessen. Ich wollte nur ein bisschen frische Luft schnappen und dem stickigen Studio entkommen, trotzdem wünschte ich inzwischen, ich wäre dort geblieben.
Ich drehe mich um, und da ist sie. Dieselbe junge Frau, die mir auffiel, als ich von der Arbeit kam. Dieselbe Frau, die ich hinter mir in der Oxford Street entdeckt hatte. Das könnte Zufall sein, aber ich habe sie auch schon heute Morgen an der U-Bahnstation Tottenham Court Road bemerkt.
Sie verfolgt mich.
Kenne ich sie? In meinem Job laufen mir Unmengen von Leuten über den Weg, aber ich bin eigentlich niemand, der ein Gesicht vergisst. Oder sonst was. Matt sagt, dass mein Gedächtnis ihn verblüfft; dass mein Kopf irgendwie die unbedeutendsten Details speichert. Er sagt, ich sollte seinen Job haben, eine Gabe wie meine wäre für einen praktischen Arzt ein Geschenk des Himmels. Aber sein Arzt-Dasein überlasse ich lieber ihm; ich würde es nie schaffen, jemand eine negative Prognose zu stellen. Seine Fähigkeit, unbeteiligt zu bleiben, geht mir ab.
Ich nenne sie eine Frau, doch ihr genaues Alter kann ich nicht abschätzen, sie kann nicht viel mehr als zwanzig sein. Dadurch sollte sie eigentlich weniger bedrohlich wirken.
Ich werfe ihr verstohlene Blicke zu und sehe, dass sie den Karton einer Kaffeemaschine mustert. Sie ist groß und dünn, trägt Leggins, eine kurze Lederjacke und um den Hals ein türkisfarbenes Tuch. Unter der Jacke schaut der Rand eines langen grauen T-Shirts hervor, aber warm kann sie das nicht halten. An den Füßen hat sie schwarze Sneakers mit knallig weißen Sohlen.
Gedanken an Helena drängen sich mir auf. Würde sie sich so anziehen? Nein, ich muss diese destruktiven Überlegungen wegschieben. Ich darf nicht an sie denken, nicht hier, mitten im Kaufhaus, vor den Augen meiner plötzlich aufgetauchten Stalkerin.
Ich widme mich einer Garnitur Silberbesteck, die mich eigentlich gar nicht interessiert, und versuche mir zu überlegen, was ich machen soll. Ich könnte