: Volker Hoffmann
: Nadeshda Konstantinowna Krupskaja - Ich war Zeugin der größten Revolution in der Welt Leben, Kampf und Werk der Frau und Weggefährtin Lenins
: VNW - Verlag Neuer Weg
: 9783880214293
: 1
: CHF 13.60
:
: Romanhafte Biographien
: German
: 420
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Fast 30 Jahre nach der bisher einzigen deutschsprachigen Publikation zu Krupskaja liegt nun endlich eine neue Biografie dieser vielfach unterschätzten Persönlichkeit der Zeitgeschichte vor. Sie zeigt Lenins Frau und Kampfgefährtin als Vorbild für Menschen, die nach einer besseren Welt suchen. 'Das Buch ist deshalb so lehrreich, weil es die unendliche Kleinarbeit aufzeigt, in der dieser russische Umsturz vorbereitet worden ist.' So Kurt Tucholsky 1930 über Krupskajas 'Erinnerungen an Lenin', Teil I. Sein Satz könnte auch über dem vorliegenden Buch stehen. Thema ist hier ebenfalls die revolutionäre Kleinarbeit, aber nicht nur die vor der Oktoberrevolution, sondern auch die während des gesamten sozialistischen Aufbaus geleistete, vor allem in der Volksbildung und bei Frauen, Kindern und Jugendlichen. Das Buch stellt die Frau vor, die einen Großteil davon - an der Seite - Lenins bewältigt hat: Nadeshda Konstantinowna Krupskaja (1869-1939). Gestützt auf zahlreiche, teilweise bisher kaum bekannte Lebenszeugnisse von Krupskaja und die neuere deutsch- und englischsprachige Fachliteratur sowie einige neue russischsprachige Publikationen verfolgt das Buch den Weg eines gut behüteten Mädchens aus dem verarmten Adel Russlands bis zur Entscheidung der 26jährigen, Revolutionärin zu werden. Vor dem auch dem nicht vorinformierten Leser gut verständlich geschilderten historisch-politischen Hintergrund der Entwicklung Sowjetrusslands erhält der Leser Einblick in den von Krupskaja geführten Kampf gegen das Analphabetentum, in die turbulenten Auseinandersetzungen über die Volksbildung, die neue Schule und die neuen Bibliotheken, in Erfolge und Probleme der antireligiösen Aufklärung. Ein Buch, das eine Frau vorstellt, der es versagt war, Kinder zu bekommen, und die darum umso mehr für sie gelebt und gekämpft hat und ein Vorbild für junge Menschen sein kann, die nach einer besseren Welt suchen, wie sie es getan hat.

Dr. Volker Hoffmann, Jahrgang 1943, lebt und wirkt als Antifaschist und Sozialist in Berlin. Er war Lehrer und Dozent an der Universität der Künste in Berlin. Neben künstlerischer Projektarbeit mit Kindern und Jugendlichen entfaltete er eine vielseitige Vortragstätigkeit zu Themen aus der Geschichte der Arbeiterbewegung und zum Sozialismus. Seine bisher publizierten Biografien handeln von Menschen im antifaschistischen Widerstand. 2012: 'Der unvollendete Widerstand. Elisabeth Pungs, Hanno Günther und die Rütli-Gruppe' Mit der Krupskaja-Biografie knüpft der Autor an seine frühe Begeisterung für die sozialistische Pädagogik an.

Teil I


Krupskajas Weg bis zur Oktoberrevolution (1869–1917)


Kindheit und Jugend in Russland und Polen


(1869–1887)

KRUPSKAJASELTERN

FORTSCHRITTLICHEERZIEHUNGIMELTERNHAUS

DIEKAMERADENDERTOCHTER
UNDDIEFREUNDEDESVATERS

DERFRÜHETODDESGELIEBTENVATERS

UNAUSLÖSCHLICHESCHULERFAHRUNGEN
BEGEISTERTVONTOLSTOI

TIMOFEIKAUNDANDEREVORBILDER

DIE„MIKROBEDERGESELLSCHAFTLICHENUNRUHE

Krupskajas Eltern

NADESHDAKONSTANTINOWNAKRUPSKAJA kam am 26.2.1869 in St. Petersburg zur Welt. Ihre Eltern waren verarmte Adlige, die früh zu Waisen geworden waren. Ihre Mutter, Jelisaweta Tistrowa, war eine für die damaligen russischen Verhältnisse ungewöhnlich gebildete und aufgeschlossene Frau. Nadeshdas Vater, Konstantin Krupski, hatte eine Militärakademie absolviert und dann eine Tätigkeit als Artillerieoffizier und Militärjurist begonnen. Er gehörte zu den fortschrittlich denkenden Köpfen im zaristischen Offizierskorps und stand der„Narodja wolja“ („Des Volkes Wille“) nahe, einer kleinbürgerlich-revolutionären Organisation, die das zaristische Regime auf dem Wege des individuellen Terrors zu stürzen versuchte.

Einige Jahre lebte die Familie in dem Städtchen Grojec bei Warschau. Dort wurde der Vateröfter Zeuge antisemitischer Ausschreitungen. Als er dagegen Einspruch erhob, gegen die wild wuchernde Korruption vorging und dann auch noch ein Krankenhaus für die Armen gründen wollte, wurde er 1872 wegenÜberschreitung seiner Amtsbefugnisse verurteilt und als„politisch unzuverlässig“ vom Dienst suspendiert.

Damit begann für die Familie Krupski ein entbehrungsreiches Wanderleben. Der Vater nahm jede beliebige Arbeit an, war unter anderem als Versicherungsagent und Revisor in der Papierfabrik eines Freundes tätig. Doch wenn seine Vorgeschichte bekannt wurde, verlor er die gerade erworbene Stellung meist sehr schnell wieder.

Fast zehn Jahre lang wehrte er sich beharrlich gegen sein Berufsverbot, bis er schließlich im April 1880 Recht bekam. Ein großer Sieg,über den sich auch die kleine Nadeshda riesig freute.

Nadeshdas Mutter hatte eine Zeit lang als Gouvernante bei einem Gutsbesitzer in der Nähe von Krupskis Regiment gearbeitet und war dort immer wieder Zeugin der schändlichen Ausbeutung und Erniedrigung der leibeigenen Bauern geworden. Das hatte in ihr starke Sympathien für das Freiheitsstreben der Polen geweckt. Für die Bildung ihrer Tochter nahm sie sich viel Zeit, lehrte sie früh lesen und schreiben und machte sie mit fortschrittlicher Literatur bekannt. Mehrere Jahre ging das Kind nicht zur Schule, sondern wurde von ihr oder einem vierzehnjährigen Mädchen daheim unterrichtet.

Beide Elternteile besaßen literarisches Talent. Mit viel Liebe gestaltete die Mutter ein Bilderbuch in Versenüber einen Tag im Leben der kleinen Nadeshda, während sich der Vater an einem Kinderbuch zum Thema„Wie sich die Menschen fortbewegen“1 versuchte.

Fortschrittliche Erziehung im Elternhaus

Es war vor allem der Vater, der sich um die politische Aufklärung seines Kindes kümmerte. Schon früh erklärte er ihr, welche unerhörten Zustände in den Fabriken herrschten und warum er auf der Seite der Armen und Entrechteten stand. Wie er das tat, zeigt ein Vorfall aus dem Jahre 1875, als Nadeshda, sechsjährig, mit ihren Eltern in einer ausgeliehenen teuren Kutsche zu Freunden unterwegs war. An einer engen Stelle der Straße kam ihnen ein Bauer entgegen, der a