1.127 Dichotomisierung
Es wäre müßig, wiederum. alle Beispiele aufzuzählen, in denen Bernstein zwei entgegengesetzte Pole als Dimensionen seiner Variablen setzt. Die Beispiele erscheinen fast alle auf den vorhergehenden Seiten.
Kurz, die Praxis der Dichotomisierung ist wesentlich für Bernsteins Theorie. über seine Erfahrung als Pädagoge interessierte er sich wahrscheinlich mehr an den Extremen (gut - schlecht) schulischer Leistungen als an dem Mittelmäßigen. In dieses Schema presste er auch seine Theorie. Auch wenn diese dichotomen Begriffe für ihn vor allem eine heuristische Funktion haben, so implizieren sie doch einen normativen Standpunkt. Die Differenz-Konzeption ist differenzierter, weil sie explizit auf Normen und damit auch Dichotomisierungen verzichtet.
Es ist verwirrend, wenn Oevermann schreibt:
"Vielmehr scheint das, was Bernstein eindimensional als"restringiert" und"elaboriert" bezeichnet, in verschiedenen, unabhängig voneinander variierende linguistische Dimensionen zu zerfallen." (a.a.O., S.403-404)
um dann
"ein Kontinuum von"restringiert" bis"elaboriert"" (ibd., 404)
zu unterstellen.
Bernstein war sich dessen wohl bewusst, dass die Codes nie"in reiner Form" auftreten. Sie entsprechen in der Wirklichkeit der linguistischen Norm einerseits und einem (oder mehreren) diese Norm verletzenden Sprachvarianten andererseits. Dass es unterschiedliche Stufen im Verstoß gegen diese Norm gibt bezweifelt niemand. Oevermanns Kriterien sind deshalb umso