Sie können jahrelang hart arbeiten, um sich zu integrieren. Oder Sie gehen mit Ihren neuen Nachbarn trinken. Dann erreichen Sie dasselbe in nur einer Nacht. Ihre Aussprache wird fließend, auch in Sprachen, von denen Sie noch nie gehört haben, Sie schließen neue Freundschaften und finden womöglich die Liebe Ihres Lebens. Zumindest bis zum nächsten Morgen. In Deutschland haben Sie es da leicht: Die Deutschen saufen zwar nicht, trinken aber gern und oft. In der Schweiz haben Sie es etwas schwerer: Dort geht der Alkoholkonsum seit Jahren zurück. Geradezu trotzig verwandeln die Schweizer sogar den Aperitif, also den Schoppen Alkohol vor dem Essen, in einen Apéro. Und da kommen dann, schön auf einemApéro-Plättli angerichtet: Schinken, Käse, Chips, Brot, Käse, Canapés und vielleicht sogar ein Gemüsedip. Da geht man recht wenig beschwipst raus, aus so einem Schweizer Apéro. Wenn Sie mehr der Typ sind, der gerne untergehakt auf Bierbänken steht und singend sein Bier in die Höhe hält, sind Sie hier falsch. In der Schweiz können Sie dafür an der Mahagonibar des James Joyce Pub einen Whiskey genießen oder in einer stimmungsvollen Jazzbar mit roten Ledersesseln, Holzbalken und gedämpfter Beleuchtung Diana Krall lauschen. Live. Sie können auch in gekonntem 70er-Jahre-Retro-Ambiente an Cocktails nippen. Oder in einer lauschigen Bar im Marokko-Style Tee schlürfen und anschließend in einem der Clubs im angesagten asiatischen Design mit angestrahlten Buddhas, Teelichtern und Lampenschirmen im Leopardenprint tanzen gehen. (Es sei denn, Sie sind weithin als Ausländer zu identifizieren, dann kommen Sie vermutlich nicht rein.) Wenn Sie zu Schweizern nach Hause eingeladen werden, wird dies auch selten in einem Vollrausch enden, dort nimmt man »ein Glas Wein zum Essen« wörtlich. Schön mit ein paar Freunden zu Hause kochen und essen und eine Flasche Wein dazu – für sechs Leute. Das verstehen Schweizer unter einem lustigen Abend. Das kann auch durchaus lustig sein, es könnte aber eben auch noch lustiger werden. Allerdings nicht in der Schweiz.
Dazu müssen Sie nach Köln.
Egal, woher Sie kommen, sobald Sie eine Kneipe in Köln betreten, dauert es im Schnitt sieben Minuten, bis jemand sagt:Drink doch eine met. Beieine bleibt es nicht. Bis man herausgefunden hat, wie man den geschäftigen Mann im blauen Hemd davon abhalten kann, einem ständig neue Biergläser vor die Nase zu stellen, hat man schon einen sitzen. In Köln bestellt man nämlich nicht sein Bier, man bekommt es zugeteilt. Der Mann im blauen Hemd heißtKöbes und tut zwar das Gleiche wie ein Kellner, ist aber keiner. Er ist Vater und Mutter, Seelsorger und Psychotherapeut, Arzt und Freund. Der große Unterschied zu einem Kellner ist: Er ist dem Bier verpflichtet, nicht dem Gast. Das führt zu einem mitunter recht rüden Umgangston, wundern Sie sich also nicht, wenn er Ihnen gleich zwei Gläser Kölsch bringt:Dann biste wat beschäftigt, un ich muss