: Ralf Georg Reuth
: Goebbels Eine Biographie
: Piper Verlag
: 9783492960458
: 1
: CHF 10.00
:
: 20. Jahrhundert (bis 1945)
: German
: 752
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Joseph Goebbels war als Propagandaminister und Bevollmächtigter für den Kriegseinsatz eine der zentralen Gestalten des »Dritten Reiches«. In seiner Person verbanden sich fanatischer Hass, sinnentleerter Glaube und intellektuelle Schärfe zu einer wohl einzigartigen Waffe im Dienste der Massenbeeinflussung. Der Mann mit dem Klumpfuß war es, der aus dem »Führer« in der Wahrnehmung der meisten Deutschen eine Art Erlöser-Figur werden ließ, der man willfährig in den Abgrund folgte. Anhand einer ungeheuer breiten Quellenbasis schildert Ralf Georg Reuth in seiner im In- und Ausland hoch gelobten Biographie das Leben des Joseph Goebbels. Jetzt hat er das packende, psychologisch stimmig erzählte Buch, das Maßstäbe gesetzt hat, aktualisiert und komplett überarbeitet.

Ralf Georg Reuth ist Historiker und Autor. Er war lange Zeit als Berlin-Korrespondent für die Frankfurter Allgemeine Zeitung tätig und arbeitete danach für verschiedene Blätter des Axel Springer Verlags. Reuth hat zahlreiche Bücher zur Zeitgeschichte vorgelegt. Unter anderem porträtierte er Erwin Rommel, schrieb über Hitlers Judenhass und verfasste das Standardwerk zu Joseph Goebbels. Zuletzt erschien bei Piper 1923 - Kampf um die Republik.

Vorwort zurüberarbeiteten Neuausgabe


Spätestens mit seinem Auftritt im Berliner Sportpalast, als er im Februar 1943 das»Wollt ihr den totalen Krieg?« als Antwort auf die Katastrophe von Stalingrad hinausschrie, brannte er sich endgültig in das Bewußtsein der Welt ein– Joseph Goebbels. Von der Zeitgeschichte wurde er als eine»Schlüsselfigur« des Dritten Reiches bezeichnet. Und eine solche war er ohne Zweifel, steht doch sein Name für eine Propaganda, die ein ganzes Volk zum willfährigen Instrument in den Händen eines in Welteroberungsszenarien denkenden Diktators machte. Auch wenn Hitler es war, auf den die Prinzipien der nationalsozialistischen Propaganda zurückgingen, so lagen doch die Ursachen für ihren durchschlagenden Erfolg nicht zuletzt im Wesen des Joseph Goebbels. In seiner Person verbanden sich ein sozial motivierter und aus Minderwertigkeitskomplexen gespeister abgrundtiefer Haß, ein aus seiner katholischen Herkunft resultierendes unbeirrbares Glaubensbedürfnis und eine beachtliche intellektuelle Schärfe zu einer wohl einzigartigen Waffe im Dienste der Massenbeeinflussung. Der Mann mit dem Klumpfuß war die fatale Ergänzung zu Hitler, ja er war Teil einer folgenschweren Symbiose, die in der Wahrnehmung der meisten Deutschen aus dem»Führer« eine Art Erlöser-Figur werden ließ, der man willfährig in den Abgrund folgte.

Dies sind die Grundlinien der vorliegenden Biographie, in der Goebbels nicht als Sammelpunkt gesellschaftspolitischer Kräfte verstanden wird, sondern vielmehr als Individuum, das Geschichte mitgestaltet hat. Mit dem Buch, dessen Erscheinen nun schon mehr als 20 Jahre zurückliegt, war seinerzeit eine Bresche in das Wirrwarr der Goebbels-Deutungen geschlagen worden: In ihren Biographien hatten ihn Werner Stephan[1] und Curt Riess[2] nach Kriegsende dämonisiert und somit das für sie Unerklärbare zu erklären versucht. Manvell und Fraenkel deuteten Goebbels 1960 als den Zukurzgekommenen, der in der Weltanschauungs- und Führergläubigkeit Kompensation fand[3]. Helmut Heiber hatte in seinem zwei Jahre später erschienenen Buch[4] Goebbels alsüberzeugungslosen Opportunisten und»wildgewordenen Kleinbürger« beschrieben und diesen schließlich der Lächerlichkeit preisgegeben, indem er das»eigentliche Wesen« des leidenschaftlichen Agitators auf dessen nieüberwundene pubertäre Emphase reduzierte. Victor Reimann[5] deutete ihn als rationalen Propaganda-Macher und Joachim Fest in einer Porträtskizze[6] als einen»Macchiavellisten der letzten Konsequenz«. Ganz anders Rolf Hochhuth, der Goebbels in einem Essay[7], schon recht realitätsnah, als»mitreißenden, weil mitgerissenen Gläubigen« deutete.

Es war nicht zuletzt die gegenüber diesen Arbeiten enorm verbreiterte Quellenbasis, die ein schlüssiges Gesamtbild der Person Goebbels ermöglichte und das vorliegende, in zahlreiche Sprachenübersetzte Buch zu einem Erfolg werden ließ. Genannt werden muß hier vor allem der dem Autor exklusivüberlassene und erstmals ausgewertete Goebbels-Nachlaß aus der Zeit vor 1924. Der Schweizer Rechtsanwalt und Goebbels-Verehrer François Genoud hatteüber das urheberrechtliche Verwertungsrecht an den Papieren verfügt, so daß kein Weg an ihm vorbeiführte. Vieler Mühe und Geduld hatte es dann auch bedurft, ehe sich im Besprechungszimmer des Münchner Piper-Verlages erstmals für einen Biographen ein alter Stoffkofferöffnete und mehrere hundert Briefe, zahlreiche literarische Versuche, sonstige Dokumente und ein paar in Seidenpapier eingeschlagene, vergilbte Fotos aus der Studentenzeit des Joseph Goebbels zu Tage traten. Diese Papiere, die vor kurzem in den Vereinigten Staaten versteigert wurden[8], vermitteln einen erschütternden Einblick in das entbehrungsreiche Leben eines gesellschaftlich ausgegrenzten Krüppels und verdeutlichen lehrstückhaft, wie dieser infolge immer wieder enttäuschter Hoffnungen zu einem Hasser wurde.

Neben dem Nachlaß, der den Zugang zum Wesenskern der Person Goebbels ermöglichte, standen dem Autor dieses Buches erstmals beträchtliche Teile der zeitlich daran anknüpfenden Goebbels-Tagebücher zur Verfügung. Bei aller darin zum Ausdruck kommenden eitlen Selbstbespiegelung und Lügenhaftigkeit, die einen besonders kritischen Umgang mit dieser Quelle erfordern[9], gewährten sie jedoch Einblicke in das Leben des Joseph Goebbels, wie sie vorher nicht getan werden konnten. Mußte der Autor dieser