: Nicola Förg
: Gottesfurcht Oberland Krimi
: Emons Verlag
: 9783863580339
: 1
: CHF 6.90
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 224
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Kaum tritt Gerhard Weinzirl seinen Dienst im Oberbayerischen an, wird er mit einer Leiche im winterlichen Eibenwald westlich von Weilheim konfrontiert. Als zwei weitere Tote gefunden werden - der eine am Döttenbichl in Oberammergau, der andere in Peißenberg -, erkennt Gerhard einen Zusammenhang. Alle Opfer hatten an der Schnitzschule von Oberammergau gelernt. Mordet hier ein gestörter Täter? Welche Rolle spielen die ungelenk geschnitzten Tiere, die alle drei bei sich hatten? Und was soll Gerhard von 'Frau Kassandra' halten, die ausgerechnet ihn davon überzeugen will, dass die Opfer in den mystischen Raunächten umgekommen sind und ihr Tod an kultischen Plätzen regelrecht inszeniert wurde. Gerhard bohrt in der Vergangenheit seiner Opfer. Und dabei lässt ihn das Allgäu nicht los: Die Spur zum Mörder führt in die Heimat, und dann ist da ja auch noch Jo, die Gerhards Seelenleben durcheinander wirbelt...

Nicola Förg, Jahrgang 1962, arbeitet als freie Reisejournalistin für namhafte Tageszeitungen, Publikumsmagazine und Fachmagazine - vor allem für solche, die Bergtourismus, Skispass und Reiterreisen zum Thema haben. Sie hat zudem ein Dutzend Reiseführer und Bildbände verfasst. Sie lebt im Ammertal in Bad Bayersoien.

2

Gerhard lag auf dem Rücken, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Der Wind umtoste das Haus, überall klapperte es, die Bäume rauschten, mal murmelten sie leise, mal schrien sie an gegen den Wintersturm. Er entspannte sich, er begann in die Matratze hineinzusinken. Diese Wohnung war doch ein Geschenk des Himmels. Okay, es roch wirklich etwas muffig, aber er wohnte mitten im Wald, nur fünf Minuten von Weilheim entfernt.

Seine Vermieter würde er hoffentlich bald mal treffen, um sich zu bedanken. Außerdem wollte er die Leute mit den Säulen und einem riesigen Holzhaus und mehreren Nebengebäuden kennen lernen. Sie führten einen Doppelnamen mit einem adligen »von«. Keine Ahnung, wovon die lebten, keine Ahnung, wer überhaupt zur Familie gehörte. Aber ein Familienmitglied stellte sich soeben vor: ein schwarzer Kater, der ihn kurz ansah und dann ohne zu zögern seinen dicken Katerkopf zwischen Decke und seinen Oberschenkel zwängte, ein Stück weit in die Höhle kroch, sich umdrehte, ein wenig kreiselte und dann liegen blieb und zu schnurren begann, monoton, beruhigend und gedämpft unter der Decke.

Wie pflegte Katzenmama, katzenverrückte, katzenabhängige Jo zu sagen? »Es gibt drei Sorten von Katzen. Fußwärmer, das sind die angenehmsten, die rollen sich adrett auf deinen Füßen zusammen. Dann gibt es Kragen, die liegen am liebsten so, dass du im Hochsommer das Gefühl hast, ‘nen Angorakragen umzuhaben. Und dann gibt’s Schlüpfer, die müssen unter die Decke.« Der da war ein Schlüpfer. Ach Jo, der würde dir gefallen. Vielleicht würde der Kater sie ja milde stimmen, denn Gerhards Abgang war alles anders als ruhmreich gewesen am letzen Freitag, wo alles so Jo-typisch begonnen hatte.

Er starrte zur Decke, als würde dort einer der Krimis laufen, die ihn immer so nervten, weil die Ermittler in sechzig oder neunzig Minuten die Fälle lösen konnten. Dann waren sie alle so starke Charaktere voller bizarrer Marotten. Und sie waren stets so wortwitzig! Allein die »famous last words« beiC.S.I., bevor der Abspann kam. Immer trefflich, immer hochintelligent, immer so lässig. So was fiel ihm nie ein, Baier wohl auch nicht. Aber sie waren eben auch nicht Horacio aus Miami.

Gerhard starrte weiter an die Decke, wo ein Film lief. Einer aus seiner jüngsten Erinnerung, und den hätte er lieber verdrängt. Aber der ließ sich nicht verjagen.

»Jo, das sind jetzt schon die zehnten! In Worten: zehnten. Und die haben auf mich einen netten Eindruck gemacht, einen richtig netten. Ich fand die sehr sympathisch«, hatte Gerhard gesagt. Damit war es losgegangen.

»Ja, aber die Kinder sind zu laut!«

»Jo, deine so genannten Kinder sind zwölf und vierzehn, der Junge machte mir einen etwas verdruckten Eindruck, und das Mädchen wirkt nicht so, als ob sie wilde Partys feiern würde. Das sind doch keine kreischenden Babys mehr«, hatte er lachend gemeint.

»Ja schon, aber das mit den Partys kann doch noch kommen!«

Gerhard hatte den Kopf geschüttelt und sich dem Kühlschrank zugewandt. Mit einem Plopp hatte er sein Weißbier geöffnet, und er war auf einen Stuhl gesunken. Seine hatten Jos Augen gesucht, und er hatte sie kopfschüttelnd angegrinst.

»Jetzt schau nicht so. Die waren es eben nicht«, hatte Jo gesagt und ihm die Zunge rausgestreckt.

»Ja, die nicht und auch nicht die letzte